Ein Christlich-Sozialer par excellence

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Zum 60. Geburtstag widmete die steirische ÖVP ihrem Obmann einen jener prachtvollen Bildbände, für die sie seit jeher bekannt ist. Das zeugt vom Selbstbewusstsein dieser Partei, die sich immer noch für die führende politische Kraft des Landes hält, auch wenn die Wahlergebnisse jetzt schon zweimal hintereinander das nicht mehr bestätigen. Hermann Schützenhöfers Lebensweg wird in den Rahmen der großen Weltereignisse der letzten 60 Jahre gestellt. Das wirkt auf den ersten Blick etwas großspurig, bekommt aber seine richtige Dimension, wenn man liest, welche Freunde der Politiker Schützenhöfer hat, die für und über ihn geschrieben haben. Erwin Zankel, der bedeutende Journalist und frühere Chefredakteur der Kleinen Zeitung, und der Soziologe Manfred Prisching fungieren als Herausgeber des Buches.

Schützenhöfer stammt aus der Oststeiermark. Der Vater war Arbeiter am Bau in Wien, wo er das bis heute typische steirische Pendlerschicksal erlebte. In Wien machte er eine Erfahrung, die für den Sohn ein wichtiger Antrieb in der Politik werden sollte: Er wurde entlassen, weil er sich geweigert hatte, der SPÖ-Fraktion in der Gewerkschaft beizutreten. Als ÖAAB-Sekretär führte Schützenhöfer später einen erbitterten Kampf gegen den gewerkschaftlichen Betriebsterror in der obersteirischen Industrie. Schützenhöfers Herkunft war geprägt durch die in der Oststeiermark noch lebendige selbstverständliche Verwurzelung im katholischen Glauben. An formaler Bildung gab es für den jungen Hermann nur die Hauptschule und den Polytechnischen Lehrgang, an den sich eine Kaufmannslehre anschloss. Bildungseifer und das Talent für Organisation brachten ihn in die Nähe der Politik, die er als Chance zum Aufstieg erkannte.

Die Karriere war lang und oft mühsam. Nichts fiel ihm in den Schoß. Mit 19 wurde er Landessekretär der Jungen ÖVP, dann Obmann. Bald war er beim bekannten Spiel der Steirer, die Parteiführung in Wien zu provozieren, dabei und ist es bis heute. Er wurde Landessekretär des ÖAAB und viel später erst Obmann. Eine christlich-sozial geprägte Arbeitnehmerpolitik wurde Schützenhöfers eigentliche Berufung. Parallel dazu stieg er in der Landespolitik auf: Abgeordneter im Landtag, wo sein polemisches Rednertalent gebraucht wurde, dann Klubobmann und nach dem großen Sieg von Waltraud Klasnic im Oktober 2000 Landesrat. Nach dem Wahldebakel von 2005 und dem Verlust des Landeshauptmanns konnte es nur Schützenhöfer sein, der die Führung der Partei übernahm. Er war an der Spitze angelangt, aber unter Umständen, die schlimmer nicht hätten sein können. Schützenhöfer unterzog sich einer Ochsentour von Bezirk zu Bezirk und Ort zu Ort, um die Funktionäre aufzurichten und für sich zu gewinnen.

Der Aufbau gelang zwar, aber das große Ziel, der ÖVP den Landeshauptmann zurückzuholen, wurde bei der Wahl im Herbst 2010 dennoch knapp verfehlt. Schon in der gelassenen Reaktion auf dieses Ergebnis zeigte sich ein neuer Schützenhöfer. Er schloss mit Landeshauptmann Franz Voves eine Reformpartnerschaft, die ganz Österreich aufhorchen ließ. Ob er das als Krönung seiner Karriere ansieht oder als Basis für einen neuen, letzten Anlauf auf die Spitze, weiß niemand. Vielleicht auch er selbst nicht.

HS 60

Von Manfred Prisching, Erwin Zankel (Hg.)

styria premium 2012, 351 Seiten, e 34,99

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