Ein Paket voll Resignation und Frust

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Der drastische Abbau bei der Post ist nach einem Runden Tisch zwar vorerst vom Tisch; die Stimmung in Teilen der Belegschaft ist aber trotzdem am Tiefpunkt angelangt.

Die „frohe Botschaft“, dass die Kündigungswelle bei der Post vorerst vom Tisch sei, machte zwar Mittwoch abends schnell die Runde, stößt aber bei so manchem Post-Bediensteten vor allem auf eines: auf großes Misstrauen. „Ich glaube nicht, dass das vom Tisch ist“, sagt ein steirischer Schalterbeamter als erste Reaktion im FURCHE-Gespräch.

Noch vor dem Gipfel der Spitzen aus Politik und Unternehmen am Mittwoch sprach er über das, wovon das Unternehmen nichts öffentlich hören möchte: über die Stimmungslage unter den Postbediensteten. Der Steirer muss daher ebenso anonym bleiben wie ein weiterer hier zitierter Post-Mitarbeiter, ein Zusteller aus Wien. Sie fürchten sonst Sanktionen. Die Post begründet das Sprechverbot damit, dass es wie in den meisten Unternehmen eben so sei, dass nur die Pressestelle Auskunft erteilen dürfe, das sei nichts Neues.

„Es herrscht absolute Resignation bei meinen Kollegen, die Motivation ist am Boden, wir sind Postler vom Scheitel bis zur Sohle, und dann hören wir solche Meldungen“, sagt der Steirer zu den zuvor kolportierten Meldungen, dass bis 2010 9000 Postler gekündigt und ca. 1000 weitere Filialen geschlossen werden könnten. Viele hätten schon unter der ersten Schließungswelle zu leiden gehabt. Der Steirer sowie auch ein Kollege aus Wien sprechen vom enormen Druck seitens des Unternehmens, der auf den Post-Mitarbeitern laste.

Drohungen und Druck

Der Schaltermitarbeiter berichtet von Drohungen, dass, wenn nicht ein gewisses Arbeitsziel erreicht würde, das Postamt geschlossen oder Bedienstete in ein „Karriere- und Entwicklungszentrum“ abgeschoben würden. Diese Zentren seien dazu da, Leute innerhalb oder außerhalb der Post wieder zu beschäftigen, sagt Post-Pressesprecher Michael Homola. Postbedienstete bezeichnen es als „Abstellgleis“. Auch gebe es Post-intern ein Ranking, das jeder einsehen könne und wo aufscheine, wer welches Ziel erreicht habe und wer nicht, so der Schalterbeamte. Angesprochen auf den Druck im Unternehmen, meint Unternehmens-Sprecher Homola: „Nennen Sie mir eine Firma, wo kein Druck herrscht. Jedes Postamt hat seine Ziele, jeder Zusteller seine Qualitätsvorgaben.“

Doch die Bediensteten erlebten diese „Vorgaben“ als zu heftig. Zudem: Noch kämpfen Post-Bedienstete auch gegen ein teilweise schlechtes Image, mit dem sie neben viel Solidarität aus der Bevölkerung auch konfrontiert sind. Etwa dass routinierte Post-Zusteller schon vor elf Uhr fertig seien. Diese Zeiten seien doch lange vorbei, versichern sie. Auch der Sprecher der Postgewerkschaft, Martin Palensky, betont, dass die „Leistungsschraube nicht mehr weiter angedreht werden kann. Mehr sind Menschen nicht imstande zu tun.“ Der Wiener Zusteller erzählt von drei akuten Burnout-Fällen in seinem Umkreis. Dennoch, beide interviewten Postbediensteten betonen die Verbundenheit vieler Kollegen mit dem Unternehmen.

Der Wiener gibt sich auch kämpferisch: „Es herrscht Verängstigung, Verzweiflung und Zorn, wir haben bisher die Restrukturierungen mitgetragen, aber nun ist der Punkt erreicht, wo wir uns nicht mehr alles gefallen lassen dürfen.“ „Wir sind Postler“ müsse das Motto sein, meint der Wiener. „Es kann alle anderen auch treffen“, verweist er auf Leidgenossen in der Telekom und anderen Unternehmen, wo Jobabbau im Raum steht. Kundgebungen werden vorbereitet.

Neben Misstrauen der hier zitierten Post-Mitarbeiter herrscht auch Skepsis in der Gewerkschaftsführung: Noch sind Streikdrohungen nicht vom Tisch, so die erste Reaktion von Postgewerkschafts-Chef Gerhard Fritz auf das Resultat des Runden Tisches. Entscheidend sei die Post-Aufsichtsratsitzung am 11. Dezember.

Der Wiener Postler im Zustelldienst betont, dass für ihn kein Kompromiss akzeptabel wäre, etwa ein geringer ausfallender Abbau. Wie auch Palensky kritisiert er die „Defensivstrategie“ des Unternehmens. Palensky: „Das Management sollte mit mehr Selbstvertrauen an die Liberalisierung herangehen, nicht mit einem Rückzugsgefecht.“

Rückzuggefecht oder Offensive?

Eine solche „Offensivstrategie“ legte das Unternehmen beim Runden Tisch am Mittwoch vor. Bis 2010 werde ein beträchtliches Umsatzwachstum angestrebt, heißt es in einer Aussendung. Es werde keine „betriebsbedingten Kündigungen im Jahr 2009“ geben. Mitarbeiter sollen durch Pensionierungen, Fluktuation und einem seit August existierenden Sozialplan abgebaut werden, hieß es. Wie viele genau, wurde noch nicht bekannt. Am 11. Dezember würden „die Maßnahmen für das Jahr 2009“ beschlossen. Weiters sicherten Infrastrukturminister Werner Faymann und Finanzminister Wilhelm Molterer zu, faire Bedingungen für alle künftigen Teilnehmer des Postmarktes nach der vollen Liberalisierung zu schaffen. Das Thema bleibt aber am Köcheln: Am Dienstag wird es dazu eine Nationalratssondersitzung geben, beschlossen von BZÖ, FPÖ und den Grünen. Die Themen: die Zukunft der Post, der AUA und der Telekom.

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