Ein Tropfen auf die Dürre

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Eine durch Privatinitiative zustandegekommene Hilfsorganisation leistet im Bergland Nordalbaniens Überlebenshilfe.

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Eine durch Privatinitiative zustandegekommene Hilfsorganisation leistet im Bergland Nordalbaniens Überlebenshilfe.

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Kaum jemals in seiner Geschichte konnte Albanien selbst über sein Schicksal bestimmen, doch am nachhaltigsten wurde es von der Herrschaft des Kommunismus geprägt und geschädigt: Heute ist es ein Land der Dritten Welt, bettelarm und auf Hilfe angewiesen.

Seit wenigen Jahren gibt es von privater Seite Bestrebungen, diese Hilfe zu bringen. Engagierte Österreicher haben sich zusammengeschlossen, in Pfarren, Schulen, Gemeinden werden Hilfsgüter gesammelt, verschiedene Organisationen helfen ihrerseits der Hilfsorganisation "Albanien-Austria-Partnerschaft - Hilfe zur Selbsthilfe". Die Seele dieses Kreises ist Marianne Graf, Lehrerin, Weltenbummlerin, tatkräftige Helferin, und nun von Albanien mit dem Mutter-Teresa-Orden und vom Land Steiermark mit dem Goldenen Ehrenzeichen ausgezeichnet. Die von ihr ins Leben gerufene Hilfe wird ohne Umwege gegeben, und - da sie die Hilfsgüter auch selbst ins Land begleitet - auch ohne die Gefahr, daß sie in falsche Hände gerät.

"Das Ausmaß an Not und Elend in diesem Land ist für uns Westeuropäer unfaßbar. Ohne unsere Hilfe kann sich Albanien nie mehr erholen und zu menschenwürdigen Verhältnissen kommen", erzählt Graf. "Albanien - Austria" versucht nun, im Bergland des Nordens die Lebensbedingungen zu verbessern, aber nicht allein durch Spenden, sondern durch "Hilfe zur Selbsthilfe". Da weiß Marianne Graf ganz genau, was sie will: "Ich bin ein Gegner von Lebensmittellieferungen, außer bei Katastrophen."

Eine solche Katastrophe herrscht aber gerade jetzt durch die Flüchtlinge aus dem Kosovo. Es gibt keine staatliche Sorge für diese Ärmsten. Albaner, die selbst nicht einmal das Nötigste besitzen, haben sie in ihre winzigen Wohnungen aufgenommen. Niemand weiß, wie es weitergehen soll.

Für die Menschen in den Bergregionen aber sind die Hilfspakete aus Graz zur Überlebenshilfe geworden. Sie enthalten Kleidung, Hygieneartikel und Verbandstoffe. Kleidung ist ein ernstes Problem für die Albaner. Das wenige Geld, das vielleicht beim Verkauf von Kartoffeln oder Mais eingenommen wird - oft ist selbst das nicht der Fall - muß für lebensnotwendige Dinge aufgewendet werden. Manchmal ist das Brennholz. Unter dem kommunistischen Langzeit-Diktator Enver Hoxha wurden Wälder abgeholzt, um das Holz gegen Devisen zu verkaufen. Für die Herdfeuer oder für Wärme im bitterkalten albanischen Winter blieb fast nichts übrig. Die medizinische Versorgung fehlt in diesen Bergregionen fast vollständig. Man geht 25 Kilometer bis zu einem Arzt, der auch nicht viel machen kann, weil ihm die einfachsten Mittel fehlen. Ein paar Fetzen und Stöcke zum Schienen von Brüchen - das ist meist alles, was er hat.

Wenn Albanien auf eine bessere Zukunft hoffen kann, so liegt diese bei den Kindern. Schulbildung ist der Schlüssel für ein besseres Leben. Es gibt eine achtjährige Schulpflicht, und die Lehrer tun ihr Bestes. Aber die Schulgebäude sind desolat, verfallen, für unsere Verhältnisse unbenützbar. Es regnet durch die undichten Dächer, die Schulmöbel sind zerbrochen, von WC-Anlagen wagt man nicht einmal zu träumen. Hier setzt nun diese "Hilfe zur Selbsthilfe" an, welche die "Albanien-Austria-Partnerschaft" nach Albanien bringt. Örtliche Handwerker werden eingesetzt, um verfallene Gebäude zu brauchbaren Schulen zu renovieren. Von Luxus ist für unsere Verhältnisse keine Rede. Für Albaner aber sind Schulmöbel, die von österreichischen Schulen ausrangiert worden sind, eine Kostbarkeit. Ebenso werden Zentren für die medizinische Versorgung eingerichtet. So entstanden bis jetzt sechs Schulen, ein Kindergarten, fünf medizinische Versorgungsstätten und eine Wasserversorgungsanlage für ein Flüchtlingsdorf.

Eines der größten Probleme aber ist nicht materieller, sondern seelischer Art: Es ist die lähmende Hoffnungslosigkeit und das psychische Vakuum, das dieses Volk in die Resignation treibt. Aber es hat wenig Sinn, diese Menschen zu bemitleiden. Besser ist es, ihnen Hoffnung durch begleitete Hilfe zu geben, die zur Eigenverantwortung führt. Auch Marianne Graf macht sich keine Illusionen: "Unsere Hilfe ist nur ein Tropfen. Aber besser ein Tropfen als völlige Dürre."

Albanien-Austria-Partnerschaft PSK-Konto 92.331.000

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