Einen EU-Kommissar für die Roma!

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Der Roma-Skandal

Dossier Nr. 40, Seite 21–24

Für das, was hier in EU-Europa mit den Roma passiert, ist der Ausdruck Skandal noch ein Euphemismus. Viel eher ist man schon wieder daran, einigen Mitbürgern das Menschsein abzusprechen. Wohin das führt, wenn Mitmenschen wie Ungeziefer gehalten und entsorgt werden, wissen wir Älteren noch zur Genüge. Wahrscheinlich ist es nicht nur die ethnische Andersartigkeit, sondern auch der fahrende Lebensstil, der so gar nicht in unsere Siedlermentalität passt, mit fixem Wohnsitz, mit einem Arbeitsplatz möglichst um die Ecke und mit Freunden im selben Bezirk. Mobilität im Alltag wird zum Problem, außer beim Jahresurlaub.

Wenn die Schätzungen stimmen, dass es in EU-Europa ca. zwölf Millionen Roma gibt, so stellt diese Bevölkerungsgruppe sozusagen eine eigene Nation innerhalb der EU dar – und nicht einmal die kleinste. Der einzige Unterschied zu den bestehenden Mitgliedern des Klubs der 27 ist, dass es kein eigenes, abgegrenztes Roma-Territorium gibt. Diese zwölf Millionen hätten eigentlich allein aufgrund ihrer Anzahl ein Anrecht auf einen eigenen Kommissarsposten, wo man sich mit ihren spezifischen Problemen beschäftigt. Man könnte zwei Fliegen mit einer Klappe treffen, wenn dieser Kommissar oder diese Kommissarin gleichzeitig für jede Art von Rassismus innerhalb der EU zuständig wäre.

Nun werden einige Kritiker einwenden, dass die Roma (die Bezeichnung einer Gruppe Fahrender unter vielen anderen) in sehr unterschiedliche Kulturen zerfallen und daher nicht vereinheitlicht betreut werden können. Ja, aber sind denn die Preußen den Bayern oder die Bretonen den Korsen derart ähnlich? Und die wurden doch an gemeinsame Spielregeln gewöhnt.

Wie im Dossier weiter ausgeführt wird, sind die einzelnen Romavölker zwar untereinander zersplittert, die unteren Ebenen der Hierarchie innerhalb eines Stammes aber sehr strikt gegliedert und geführt, sodass bei gutem Willen vielleicht eine Chance bestünde, dass Maßnahmen durchgesetzt werden könnten. Ganz zu schweigen von dem psychologischen Effekt, dass die Fahrenden auf der politischen Ebene endlich als gleichberechtigte Menschen wahrgenommen würden.

Helmut Reif

CH-2502 Biel / Bienne, Wasenstrasse 16

reif.helmut@bluewin.ch

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