Erhard Busek  - © FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Erhard Busek: "...und das Gespräch der Feinde zu suchen"

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Fragment einer Erinnerung an Erhard Busek.

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Fragment einer Erinnerung an Erhard Busek.

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Es war kein fröhlicher Abend, dieser 6. November 1987 in der Stephansplatz-Wohnung der von Erhard Busek erst kurz zuvor in die Politik geholten Journalistin Dolores Bauer: Die ÖVP hatte bei der eben über die Bühne gegangene Wien-Wahl sieben Mandate sowie den Vizebürgermeister verloren, und die jungen Leute, die da zu Füßen von Busek und Bauer am Boden saßen – darunter auch ein gewisser Christoph Chorherr -, sympathisierten wohl mit vielen Ideen der beiden, aber ob sie sie auch gewählt hatten, durfte bezweifelt werden. Typisch für Erhard Busek, dass er neue Urbanität in die verstaubte VP der Bundeshauptstadt gebracht hatte – aber diese Lorbeeren heimsten dann die SPÖ unter Helmut Zilk und später die ins Politgeschehen gekommenen Grünen ein. Dennoch: Auch die ÖVP wurde eine andere …

"Alle zu behausen..."

Obige Episode deutet an, in wie vielen Verästelungen der (Zivil-)Gesellschaft Busek seine Hände mit ihm Spiel hatte – von seinen Wurzeln in der katholischen Kirche angefangen, bis zu seinem Lebensprojekt Mitteleuropa.

Nur wenige Wochen später, Ende Jänner 1988, wurde an der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) in der Wiener Ebendorferstraße eine Gedenktafel für Karl Strobl, den KHG-Gründer und Mentor auch Erhard Buseks, enthüllt. Damals war die KHG im Geist Strobls bereits durch den Wiener Kardinal Hans Hermann Groër und seinen Weihbischof Kurt Krenn zerstört worden. Bei diesem Gedenken sprach auch Busek – und im Blick auf das damalige Gedenkjahr 1988, in dem erstmals in voller Wucht die Mitverantwortung Österreichs an den Ereignissen von 1938 und danach thematisiert wurde, sagte er unter anderem:

Wichtig ist, nicht in der Zerstreuung zu leben, sondern die Verantwortlichen sollten sammeln – sammeln, damit wir in der Lage sind, alle zu behausen, offen zu sein und gesprächsbereit, die Sprache wieder zu finden und zuhören zu können, Freunde zu suchen, die uns dabei helfen, und das Gespräch der Feinde zu pflegen, auf das Karl Strobl im Sinne Friedrich Heers immer hingewiesen hat, aus Feinden Gegner zu machen, die man vielleicht dann später doch irgendwo gewinnen kann, oder wenigstens zum Zuhören zu bringen.

Solche Worte sind anno 2022 nicht minder drängend. Es bedürfte gerade jetzt einer Gestalt wie Erhard Busek, der in seinen letzten Tagen erleben musste, wie das Europa, für das er gekämpft hatte, so gefährdet scheint wie nie.

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