Es ist doch alles in Ordnung, oder?

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Der erste Bericht zur Lage der Frauen in diesem Land nach 15 Jahren beinhaltet scheinbar wenig Neues. Genau darin liegt die große Gefahr, die mit der Präsentation des 544 Seiten starken Stücks verbunden ist: jene der Abstumpfung, des Weghörens, der Resignation. Denn ähnliche Befunde sind zum nächsten Frauentag 2011 wieder zu erwarten: Frauen holen in der Bildung auf, doch die Einkommensschere geht trotzdem immer mehr auseinander.

Diese Aussage ist nur eine, die detailliert ausgeführt wird. Was nicht in Statistiken festgehalten wurde, aber aus dem Bericht deutlich wird: Irgendwer in diesem Land will keine wirkliche Gleichstellung. Es läuft doch gut so, oder? Beklagen sich die teilzeitarbeitenden Frauen? Nein, sie hasten gerade vom Job in den Kindergarten und von dort zum Einkaufen.

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek gab sich bei der Präsentation des Berichts daher kämpferisch: Die Männer hätten es sich gemütlich gemacht, sagt sie. Daher werde sie nicht lockerlassen. Ihr tröstend-ironischer Appell „Männer, fürchtet euch nicht!“ lautet denn auch: Ihr werdet ebenfalls von der Gleichstellung profitieren, einfach, weil eure Kinder eine bessere Beziehung zu euch haben und euer Betrieb dank des ausgewogenen Geschlechteranteils im Aufsichtsrat oder in der Führungsetage gut läuft. Denn, wo Frauen gut vertreten sind, läuft auch das Unternehmen besser. Oder, so Heinisch-Hosek, hätte man wirklich geglaubt, Betriebe, die auf Gleichstellung achten, täten dies nur aus feministischen Gründen?

Die Geduld ist am Ende

Heinisch-Hosek zitierte noch einen bekannten Spruch: Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen. Die Ministerin hat einen realistischen Weg in der Frauenpolitik eingeschlagen. Ihre Forderungen nach Quoten in den Aufsichtsräten und Einkommenstransparenz in Betrieben sind vernünftig. Doch auch sie kämpft zunehmend gegen eine wachsende Barriere in der Frauenpolitik: die Abstumpfung. Daher müsste die Hauptbotschaft des Berichts lauten: Es sind Maßnahmen zu treffen. Quotenregelungen oder andere. Und zwar bald.

Bitte, endlich eine Maßnahme

Das geht zunächst nur mit verpflichtenden Maßnahmen: Erstens darf der Vorschlag von Heinisch-Hosek zur Transparenz bei den Einkommen nicht wie der Papa-Monat in einer klemmenden Schublade verschwinden, sondern ist umzusetzen.

Und zweitens: Genau dieser Papa-Monat, über den niemand mehr spricht, also das Anrecht eines frischgebackenen Vaters auf einige Wochen mit dem Kind, sollte gestrichen und durch ein wirksameres Projekt ersetzt werden: eine verpflichtende, einige Monate dauernde Väterkarenz für alle, ausnahmslos. Das brächte Vorteile: Kein Mann wäre der Vorzeigevater, weil er geht, kein anderer der karrieregeile Aufsteiger, weil er nicht gehen will. Überflüssige Bücher über das Überleben in der freiwilligen Karenzzeit würden den Hauch des Exotischen verlieren. Und was das vermutliche Jammern der Männer über den Verlust ihrer Wahlfreiheit betrifft: Frauen hatten nie eine Wahl.

Dann wäre für alle Eltern klar: Familienarbeit ist gut, wichtig, anerkannt – und sie fördert die Karriere. Es würden sich zwar noch nicht alle im Frauenbericht erläuterten Probleme auflösen, aber eines wäre gewiss: die Abgestumpftheit, die Resignation, das wäre vorbei. Es wäre ein Experiment mit Effekt: Der Rückfall von Frauen und Männern in traditionelle Rollen nach der Geburt des Kindes würde abgemildert. Männer müssten sich nicht bei der Entscheidung zwischen politisch korrekter Väterkarenz und Aufstieg in der Firma zerreiben. Wer meint, das hätte Zeugungsverweigerer zur Folge, dem sei gesagt: Dann hätten wir den Beweis für das, was viele ahnen: Irgendwer will die völlige Gleichstellung gar nicht, irgendwer hat Interesse daran, dass alles so bleibt, wie es ist.

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