Europa stellt Athen unter Kontrolle

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Die Euro-Länder verlangen von Griechenland innerhalb knapper Fristen einen harten Sparkurs. Die Proteste in Athen weichen politischer Einsicht. Nach dem Debakel falscher Budgetdaten aus Griechenland debattiert die EU ein härteres Durchgriffsrecht für die Behörde Eurostat.

In den Straßen Athens blieben die angekündigten Proteste gegen den Sparkurs der Regierung vorerst aus. Das Verkehrschaos wurde durch Bombenanschläge und Rettungsmaßnahmen ausgelöst, doch die Bauern etwa haben nach einem Monat ihren Protest beendet. „Wir sehen ein, dass das Land in einer Krise steckt“, sagte ein Sprecher der Landwirte laut Agenturmeldungen. Der Chef des Meinungsforschungsinstitutes Alco, Costas Panagopoulos, wertete dies als „Sieg der Regierung“. Diese könne nun einen „härteren Kurs“ gegen andere Gewerkschaften einschlagen. Erste Anzeichen scheinen ihm recht zu geben: Die Finanzbeamten sagten einen für dies Woche geplanten Streik ab.

Höhere Mehrwertsteuer

Österreich gehört mit Deutschland zu jenen EU-Staaten, die wie die Kommission schon jetzt härtere Einschnitte im griechischen Staatshaushalt fordern. Die geplanten Kürzungen bei den Gehältern öffentlich Bediensteter, bei den Pensionen und bei den Sozialleistungen dürften nicht ausreichen. Daher werden Steuererhöhungen debattiert, konkret eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Doch die Kosten für die Lebenshaltung bei niedrigen Gehältern trieben schon im Frühjahr etwa die Feuerwehrleute auf die Straße.

Griechenland muss jedenfalls bis 15. März der EU-Kommission seinen Sparplan vorlegen, bis Mitte Mai einen ersten Bericht über erste erzielte Fortschritte und weitere Maßnahmen.

Die Finanzminister der Euro-Zone scheinen eine doppelte Strategie zu verfolgen, lassen sich dabei jedoch nicht in die Karten blicken. Einige der Finanzminister hätten nämlich, wie Josef Pröll nach den Beratungen diese Woche sagte, den „Druck auf Griechenland weiter erhöht“, weil man die ersten Vorschläge aus Athen nicht für ausreichend gehalten habe.

So stünden im laufenden Defizitverfahren gegen Griechenland auch Möglichkeiten zu Sanktionen zur Verfügung, etwa Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Angesichts der prekären Lage des Athener Budgets hielten es die Finanzminister für kontraproduktiv, bereits jetzt über mögliche Strafen gegen Griechenland zu sprechen. Sie wollen sich allerdings auch nicht klar zu möglichen Hilfen für Griechenland äußern, sollte dessen Sparkurs scheitern.

Ärger über falsche Daten

Finanzhilfen scheinen jedenfalls vorbereitet zu werden, um Griechenland vor der Zahlungsunfähigkeit und damit die Euro-Zone vor einem Schock zu bewahren. Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn meinte dazu: „Solle das eintreten, dann haben wir Mittel und Wege, um die Stabilität in der Euro-Zone zu sichern.“ Die Kommission wäre jedenfalls bereit, für den Fall der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands einen „europäischen Koordinierungsrahmen für eine solche Aktion aufzubauen“.

Ehe es so weit kommt, wird die griechische Regierung in der Haushaltsführung noch stärker unter die Kuratel Brüssels gestellt. In diesen Tagen hat Athen sämtliche Kreditgeschäfte offenzulegen und sich auf Besuche vorzubereiten. Sowohl die Europäische Kommission als auch die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds senden in diesen Tagen einige Experten nach Athen. Ihre Aufgabe ist es zu prüfen, wie weit Athen mit der Implementierung der Sparmaßnahmen gekommen ist. Und sie sollen vor allem die Angaben griechischer Behörden überprüfen, denn in der EU scheint der Ärger über falsche Daten aus Griechenland anhaltend und groß zu sein.

So votierte auch Finanzminister Pröll für ein stärkeres Zu- und Durchgriffsrecht von Eurostat auf die Daten der Mitgliedstaaten. Diese europäische Statistikbehörde solle mehr Kompetenzen erhalten. Mit seiner Bereitschaft, ein stärkeres Durchgriffsrecht zu debattieren, hat Pröll seine früher diesbezüglich geäußerte Skepsis abgelegt: „Das ist keine Fahnenfrage.“

Eine späte Bestätigung früherer Zweifel an Griechenlands Tauglichkeit für die Mitgliedschaft im Währungsverbund lieferte der frühere deutsche Finanzminister Hans Eichel (1999–2005). Er bedauerte die Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone im Jahr 2001: „Rückblickend muss man sagen: Ja, es war ein Fehler, weil die Finanzdaten wohl nicht gestimmt haben.“ Aber Griechenland jetzt aus der Euro-Zone zu werfen, wäre für das Land das „Todesurteil“.

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