EZA-Hilfe zum Schämen

Werbung
Werbung
Werbung

Die Solidarität mit Entwicklungsländern muss neben und nach der Hilfe für die Tsunami-Opfer weitergehen. Österreichs Entwicklungszusammenarbeit hat dabei einiges aufzuholen.

Bundespräsident und Kardinal wurde es am letzten Heiligen Abend zu dumm: Von allen damaligen 15 eu-Ländern hat 2003 nur Italien weniger für Entwicklungshilfe ausgegeben als Österreich. Staatliche und kirchliche Autorität forderten deswegen eine Erhöhung der Mittel für die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (eza): Österreich müsse es so machen "wie andere reiche Länder", sagte Heinz Fischer. Tatsächlich ist Österreich mit seinen 2003 zur Verfügung gestellten 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von dem schon Anfang der 70er Jahre proklamierten uno-Ziel weit entfernt, 0,7 Prozent des bip für Entwicklungshilfe auszugeben.

"Wie andere reiche Länder"

Entwicklungszusammenarbeit im Sinne des eza-Gesetzes 2002 sind alle Maßnahmen des Bundes, die als öffentliche Entwicklungsleistungen an den Entwicklungshilfe-Ausschuss der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (oecd) gemeldet werden. Dazu gehören nicht nur die bilateralen Programme in Entwicklungsländern und Beiträge an einige internationale Organisationen, für die das Außenministerium die Verantwortung trägt, sondern auch andere Maßnahmen, wie Schuldennachlass zugunsten von Entwicklungsländern und die kalkulatorische Anrechnung der anteilsmäßigen Kosten von Studenten aus Entwicklungsländern an Österreichs Hochschulen.

Keine Verpflichtung zur EZA

Dem Außenministerium standen 2002 nur 22 Prozent der gemeldeten Entwicklungshilfe-Mittel zur Verfügung. Für die anderen Maßnahmen ist nicht das Außenamt zuständig, sie werden in anderen Ministerien budgetiert. Hier soll aber nur von der Hilfe des Außenministeriums die Rede sein. Allein von dieser Hilfe kommt ein Großteil den bedürftigen Bevölkerungsgruppen direkt zugute. Quantitativ sind die Mittel für die bilaterale Programmhilfe zwischen 1975 (11,4 Millionen Euro) und 1991 kontinuierlich auf 91,9 Millionen Euro angestiegen. Ab 1995 sank die Hilfe dramatisch und erreichte 2003 nur mehr 52,7 Millionen Euro.

Die eza-Qualität hatte sich bis Mitte der 80er Jahre sichtbar verbessert und die Zusammenarbeit mit den Nichtregierungsorganisationen (ngos) war gut. 1987 wurden jedoch von außerhalb des Außenministeriums politische Anstrengungen unternommen, um die österreichische eza zugunsten einer stärkeren Berücksichtigung der österreichischen Industrie und der reicheren Entwicklungsländer umzuorientieren. Die staatliche Kofinanzierung von ngo-Projekten (in der Mehrheit von christlichen Organisationen) wurde reduziert. Die eza-Verwaltung des Außenministeriums setzte sich aber für die Fortsetzung der Entwicklungszusammenarbeit in der bisherigen Form ein. Diese Bemühungen waren - trotz einiger unangenehmer Beeinflussungsversuche von außen - bis 2002 weitgehend erfolgreich.

Mit dem eza-Gesetz 2002/03 wurden aber einige der oben beschriebenen Umorientierungsversuche festgeschrieben. Das Gesetz enthielt kaum qualitative Verbesserungen gegenüber dem alten Gesetz von 1974. Nach Meinung der ngos gab es sogar einige Verschlechterungen, z.B. das Fehlen einer Unterscheidung zwischen der staatlichen Politik eines Entwicklungslandes und den Bedürfnissen seiner armen Bevölkerung, eine Schwächung der ngo-Position und eine stärkere Einbindung von Wirtschaftsinteressen. Das Hauptversäumnis des Gesetzes war aber die ungenützte Chance, die gesetzliche Grundlage der Budgeterstellung für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zu ändern. Nach wie vor wird eza als Ermessensausgaben veranschlagt und nicht als gesetzliche Verpflichtung mit verbindlichen quantitativen Ziele.

Entschuldungen stehen an

Mit der Novellierung des eza-Gesetzes 2003 wurde die Durchführung der eza-Maßnahmen des Außenministeriums an eine GmbH im Eigentum des Bundes, die Austrian Development Agency (ada), ausgelagert. Die ada ist sowohl für Hilfe an Entwicklungsländer im "klassischen" Sinn als auch an Osteuropa zuständig. Dafür erhält die ada jährlich eine Pauschalsumme. Das eza-Gesetz sieht keine nachvollziehbare Aufteilung dieser Summe zwischen der "klassischen" eza, der früheren Osthilfe und den Verwaltungskosten der ada vor. Es fehlt daher ein wesentlicher Bestandteil einer gesetzlichen Grundlage für die nachvollziehbare Programmgestaltung. Das ada-Budget 2005 beträgt 90,1 Millionen Euro. Bis 2003 wurde die Osthilfe zusätzlich zur bilateralen "klassischen" Entwicklungszusammenarbeit veranschlagt. In jedem Fall waren in den Vorjahren die Mittel insgesamt höher. Außerdem sind im ada-Betrag auch die Personal- und Sachkosten enthalten, was die tatsächlichen operationellen Ausgaben für Programme und Projekte weiter verringert. Mit der neuen Organisationsstruktur hat sich die Zahl des eza-Personals (ada und Außenministerium) im Vergleich zur ersten Hälfte der 90er Jahre erhöht, obwohl (zur Zeit) weniger Projektmittel zur Verfügung stehen.

In den kommenden Jahren stehen Entschuldungen zugunsten Kameruns und des Iraks an und der Finanzminister kann sich beruhigt zurücklehnen: Da diese Länder auch Schulden in Österreich haben, werden die entschuldeten Beträge auf die österreichische Entwicklungszusammenarbeit angerechnet werden. Damit könnte zwar das für 2006 für die Gesamt-eza angepeilte quantitative Ziel von 0,33 Prozent des bip erreicht werden. Es ist aber zu befürchten, dass die direkt gestaltbare Programmhilfe des Außenministeriums auch in den nächsten Jahren ein beschämendes Bild bieten wird.

Unbequeme Mahner fehlen

Angesichts dieser traurigen Aussichten stellt sich die Frage, wie Österreich und insbesondere die Christen im Land ihrer Mitverantwortung für die Menschen in den ärmsten Ländern dieser Welt nachkommen werden. Wo sind die Zeiten, in denen ein Eduard Ploier, ein Erzbischof Wagner oder ein Weihbischof Kuntner als starke und unbequeme Mahner gegenüber den öffentlichen Stellen aufgetreten sind. Heute hat man den Eindruck, dass Laienorganisationen und Bischöfe sich dezent verschweigen. Das ist für die Notleidenden und Unterdrückten in den Entwicklungsländern schmerzlich und spricht den Forderungen des Evangliums Hohn. Offensichtlich hat auch das Ökumenische Sozialwort der Kirchen diesbezüglich keine wirkungsvollen Impulse geben können.

Der Autor war Direktor der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung