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Eine Agentur managt seit Jahresbeginn die österreichische Entwicklungszusammenarbeit.

Ein Schnellschuss ist eine riskante Sache - und die Gründung der "Austrian Development Agency" (ADA) war ein Schnellschuss: Nach wenigen Monaten Aufbauzeit hat ADA zu Jahresbeginn das operative Geschäft der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) übernommen. Seither werden die rund 700 EZA-Projekte von ADA betreut. Die Agentur ist als GmbH konstituiert und gehört der Republik. "Wir haben ganz schön geschwitzt", sagt Botschafter Georg Lennkh, der für EZA zuständige Sektionsleiter im Außenministerium. Von einem Schnellschuss will Lennkh aber nichts wissen. Schon seit September 2002 war klar, dass eine Agentur kommen werde. Bereits vor zehn Jahren habe die Diskussion über eine solche Einrichtung begonnen - ist aber damals "im Dickicht zwischen Finanz- und Außenministerium sowie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) stecken geblieben", sagt der Botschafter.

Spenden für Staatsagentur

Auch dieses Mal drohten die positiven Möglichkeiten, die eine EZA-Agentur bietet, von Befürchtungen überwuchert zu werden: Private Hilfsorganisationen protestierten dagegen, dass der Staatsagentur per Gesetz Zugang zu Drittmitteln eröffnet werden sollte. Die NGOs fürchteten, dass ADA zu einem Konkurrenten am Spendenmarkt erwachsen könnte. Eine im Staatsbesitz tätige EZA-Agentur bedarf keiner Spendenmittel, sondern einer ausreichenden finanziellen Ausstattung durch den Eigentümer Republik, lautete die Argumentation der privaten Organisationen. "Der Sturm der Entrüstung hat sein Ziel erreicht", ist Heinz Hödl froh, der Passus mit den privaten Zuwendungen an ADA wurde gekippt. Hödl ist Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission. Einen großen Vorteil sieht er darin, dass ADA als nationale Agentur Zugang zum EU-Entwicklungsfonds hat. Die Entwicklungshilfetöpfe in Brüssel sind gut dotiert und werden nicht ausgeschöpft, da es der EU an Strukturen fehlt, um das Geld in Projekte fließen zu lassen. Nationale Agenturen springen da in Bresche. "Bislang sind wir an diese Gelder nicht rangekommen", bestätigt Botschafter Lennkh die Chance, die sich in diesem Bereich für ADA eröffnet. Von der Idee einer "riesigen europäischen Agentur" sei man wieder abgekommen, meint Lennkh.

Postkoloniale Interessen

"Leider!" kommentiert Martin Jäggle diese Entwicklung. Der Religionspädagoge ist Mitglied des entwicklungspolitischen Beirates der Außenministerin. Die Rückführung von EU-Entwicklungsgeldern in nationale Hände kann von den großen EU-Ländern zur Durchsetzung ihrer postkolonialen Interessen missbraucht werden, fürchtet Jäggle.

Noch in einem zweiten Punkt sind Jäggle und Lennkh unterschiedlicher Meinung: Jäggle hätte gern einen Vertreter der NGOs im Aufsichtsrat von ADA gesehen, ist aber abgeblitzt. Zu Recht meint Lennkh: "Der Aufsichtsrat muss Dinge entscheiden, dazu fehlt den NGOs die demokratische Legitimation, das ist Sache der Regierung." Das heiße aber nicht, so der Botschafter, dass die NGOs nicht gerne in Planung und Umsetzung von EZA-Projekten eingebunden würden.

Ein anderer Punkt, der die Schaffung einer Agentur nötig machte, ist die Steigerung des EZA-Budgets um 30 Millionen Euro in diesem Jahr. Ein derart erhöhtes EZA-Volumen bedarf auch verstärkter Abwicklungskapazitäten, argumentiert das Außenministerium, das weiterhin für die politischen Leitlinien, die Grobplanung der Projekte sowie Koordinationsaufgaben in der EZA verantwortlich sein wird. Martin Jäggle ist skeptisch, was die Höhe der Budgetsteigerung anbelangt, "im entwicklungspolitischen Beirat hat mir niemand dazu wirklich Auskunft geben können".

Wirtschaftsinteressen

Bis 2006 hat sich Österreich verpflichtet, 0,33 Prozent des Bruttoinlandprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. Und die EU wacht mit Argusaugen darüber, dass sich die Nationalstaaten an ihre Verpflichtungen halten, weiß Lennkh.

Die Steigerung der Entwicklungshilfemittel kann aber nicht nur über Entschuldungsmaßnahmen erfolgen, mahnt Gerhard Bittner, der Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsstiftung für Entwicklungshilfe. Bittner verweist auch auf die Gefahr, dass der neue EZA-Schwerpunkt "Wirtschaft und Entwicklung" das Ziel Armutsbekämpfung konterkarieren könnte, "wenn man sich aus wirtschaftlichen Interessen nicht mehr den ärmsten Regionen zuwendet". Martin Jäggle teilt diese Sorge: Tendenzen, dass "die Wirtschaft sich die EZA unter den Nagel reißt", lassen bei ihm die Alarmglocken läuten. Jäggle fordert eine breite Diskussion zur Ausrichtung der EZA, denn er kennt bereits zu viele Projekte, "bei denen die Dominanz des österreichischen Interesses destruktiv gewirkt hat".

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