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Erstmals seit den siebziger Jahren wird die Abtreibung zum Wahlkampfthema. SPÖ und „Christliche Wählergemeinschaft“ brechen damit ein Tabu.

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Erstmals seit den siebziger Jahren wird die Abtreibung zum Wahlkampfthema. SPÖ und „Christliche Wählergemeinschaft“ brechen damit ein Tabu.

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Die Abtreibungs-Frage rückt in den Mittelpunkt der Vorarlberger Landtagswahlen am 18. September (dazu Kommentar auf Seite 8), Denn gegen die SPÖ, die sich in einer Plakat-Serie für einen „Schluß mit der Scheinmoral“ in Abtreibungs-Fragen ausspricht, kämpft die „Christliche Wählergemeinschaft“ für „den Schutz ungeborener Kinder und deren Mütter.“ Der Hintergrund dieser Debatte: Keineš der beiden Landeskrankenhäuser und keines der drei städtischen Spitäler führt offiziell Abtreibungen durch.

Für die Landtagswahl selbst kandidieren neun Parteien: neben ÖVP, SPÖ und FPÖ noch zwei Grüngruppierungen, das Liberale Forum, die „Christliche Wählergemeinschaft“, die „Wahlplattform Vorarlberg“ sowie die Liste des „Zurück-zur-Natur-Propheten“ Georg Fritz. Keine Einigung gab es bei den Grünen: Ob die „Grün-Alternativen“ mit ihrem Lokalheros Kaspanaze Simmä ihre zwei Mandate halten, hängt davon ab, wie die zweite Grün-Liste der früheren VGÖ-Aktivisten abschneidet, Beide Grün-Parteien zusammen erhielten 1989 rund zehn Prozent.

Realistische Chancen (bis zu drei Mandate) werden auch der „Christlichen Wählergemeinschaft“ eingeräumt. Die Anti-Abtreibungspartei von Pfarrer Eberhard Amann buhlt vor allem um Stimmen aus dem ÖVP- und FPÖ-Lager, da SPÖ und Liberale Abtreibungen in Vorarlberger Spitälern durchsetzen wollen.

CHRISTLICHE REBELLEN

Allerdings ist noch offen, ob Amann seiner Partei zur Verfügung stehen wird - widerspricht doch das Engagement des Pfarrers dem Beschluß der österreichischen Bischofskonferenz von 1933 über den Rückzug der Priester aus der Politik. Eine Suspendierung durch den Ortsbischof wäre kirchenrechtlich möglich, ist aber - nach allen bisherigen Anzeichen - nicht sehr wahrscheinlich. Trotzdem hält der Grazer Kirchen- rechtler Hugo Schwendenwein gegenüber der FURCHE „den Wiedereinstieg der Priester in die Politik für nicht sehr glücklich“. Differenziert betrachtet auch Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann die Entstehung der neuen „christlichen Partei“. Nach Liebmann „konnten schon 1952/53 Überlegungen zur Gründung einer christlichen Partei durch das Angebot der ÖVP an die Katholische Aktion auf sichere Listenplätze bei der Nationalratswahl abgeblockt werden“.

Auch für Landeshauptmann Martin Purtscher stellt sich die Frage, ob „sich die neue Partei nicht eher aus Wählerschichten der ÖVPr zusammensetzen wird“. Purtscher zeigt sich aber im FURCHE-Gespräch„opti- mistisch, daß die ÖVP die absolute Mehrheit an Mandaten halten wird“. Entscheidend werde sein, ob das „Liberale Forum die Fünf-Pro- zent-Hürde“ nehmen kann.

Eng wird es für die Liberalen, weil die Vorarlberger FPÖ durch ihre Pro-EU-Haltung einen von Jörg Haider unabhängigen Kurs gesteuert hat und damit potentielle Wähler der Heide-Schmidt-Partei an sich binden will. Wer Zweiter im Ländle wird, hängt einzig und allein vom Abschneiden der FPÖ ab. Denn die von internen Positionskämpfen heimgesuchte SPÖ unter Karl Falschlunger will nur ihre bisherige Stärke halten, die FPÖ hingegen die SPÖ überholen.

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