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Walter Kohl dekonstruiert in seinem Roman Legenden und den Heiligen Severin von Noricum.

"Als Söhne sind wir Versager, sagte ich zu dem Stein, auf dem mein Name steht [...]. Wir sind Verschwinder, die den Müttern abhandenkommen, wogegen sich die nicht anders zu wehren wissen, als sich zu verhärten und nichts mehr an sich heranzulassen.“ Um diesen Namen am Kriegerdenkmal konstruiert Walter Kohls Protagonist gleichen Namens wie sein Autor eine "unerhörte Begebenheit“ um ein totgeschwiegenes Kapitel der Familiengeschichte, welche die Erklärung für das problematische Verhältnis zu seiner Mutter liefern soll ...

Fremde Provinz

Eigentlich hat ihn ein Katalogbeitrag über das Wirken des Heiligen Severins für eine (fiktive) Landesausstellung nach sieben Jahren in die alte Heimat geführt, die er einst aus Ekel über die politische "Wende“ im Jahr 2000 Richtung Kanada verlassen hatte. Und nun reist er, jede Menge indianischer Mythen im Gepäck, wie sein vermeintlicher Vorfahre, der Reiseschriftsteller Johann Georg Kohl, "in das Herz eines Kontinents, der ein fremder ist, obwohl ich hier geboren bin“.

Die Aufgabe erweist sich als überraschend schwierig, da allen Provinzkaisern recht getan eine schwierige Kunst ist. Außerdem sieht Kohl Severin von Noricum als Abwickler einer vom untergehenden weströmischen Reich aufgegebenen Provinz, "der die säumigen Steuerzahler nicht mit weltlicher Gewalt bedrohte, sondern mit dem Strafgericht Gottes“. Solche Legendendekonstruktion findet freilich nur in privaten Protokollen Platz. Als höchst irritierend erweist sich zudem das Zusammentreffen mit dem "Wasserluchsweibchen“ (einem vermeintlich untergetauchten Flüchtlingsmädchen), das widersprüchlichste Empfindungen in Kohl weckt ...

Heimat/-verlust ist eines der Hauptmotive in Walter Kohls sprachlich gewandtem und komplex gebautem Roman, dem es nicht an Schärfe fehlt: "Heimat, das ist dort, wo man selbst der Stärkste ist und die anderen immer die Schwächeren sind.“ Gekonnt versteht es der Autor, den Leser immer wieder auf falsche Fährten zu locken, denn sein Protagonist fällt sich ständig selbst ins Wort, alte Ansichten revidierend; nicht einmal auf die eigenen Erinnerungen ist Verlass. Etwas Straffung hätte dennoch nicht geschadet.

Das leere Land

Roman von Walter Kohl Picus 2011

450 S., geb., e 23,90

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