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Familienprotest
Österreichs Familien machen mobil: Wenn Sie diese furche in den Händen halten, wird in Wien gerade demonstriert.
Österreichs Familien machen mobil: Wenn Sie diese furche in den Händen halten, wird in Wien gerade demonstriert.
Gegen die überproportional starke Belastung der Familien durch das sogenannte Sparpaket wehren sich jetzt - zu spät, wie manche sagen - verschiedene Familienorganisationen. Der Katholische Familienverband Österreichs, die Aktion Leben, der Osterreichische Familienbund (ÖVP-nahe) sowie der Freiheitliche Familienverband versuchen den Kampf gegen Windmühlen aufzunehmen: Sie rennen an gegen die Streichung der Geburtenbeihilfe, gegen die De-facto-Kürzung der Karenzzeit um ein halbes Jahr, gegen die Streichung der Studentenfreifahrt; sie kämpfen gegen die Beschränkung der Familienbeihilfe für Studierende auf Studiendauer plus zwei Semester sowie gegen den mangelnden Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen.
Abseits, möglicherweise von einem nicht ganz unparteiischen Schiedsrichter zurückgepfiffen, stehen die österreichischen Kinderfreunde. Die sozialdemokratische Organisation, die jetzt noch zum gemeinsam mit den anderen im familienpolitischen Beirat vertretenen Organisationen und der Aktion Leben erarbeiteten Programm gegen die Belastung der Familien steht, hat über ihren Bundessekretär Kurt Nekula verlauten lassen, daß sich in diversen Flugblättern der einzelnen Verbände Forderungen fänden, die von den Kinderfreunden nicht mitgetragen werden könnten. Deshalb hat man sich auch von der Demonstration am Mittwoch, 13. März, in Wien zurückgezogen, die Pressekonferenz am Montag dieser Woche wurde ebenfalls bestreikt. „Wir haben Anlaß anzunehmen", so Nekula wörtlich, „daß die berechtigten Anliegen der Familien einer vereins- und parteipolitischen Polemik geopfert werden sollen." Damit dürfte er wohl nicht ganz unrecht haben, wenn er nur an seine eigene Organisation denkt.
Über den Bückzieher der Kinderfreunde sind die oben genannten Familienorganisationen unisono befremdet. Der Präsident des Katholischen Familienverbandes Österreichs, Frieder Herrmann: „Die Kinderfreunde vertreten offenbar die Kinder, die nicht vom Spar* paket betroffen sind." Die sozialdemokratische Organisation, die in letzter Minute von der gemeinsamen Plattform abgesprungen sei, habe dafür keinen vernünftigen Grund angeben können.
Beiner „Zynismus" ist für Peter Pitzinger vom ÖVP-na-hen Österreichischen Familienbund „als einzige Beaktion auf den Geburtenrückgang" die Abschaffung der Geburtenbeihilfe. Der Familienbund sei sehr enttäuscht, daß die Familien, die mit einer Kürzung der Familienbeihilfe schon beim Sparpaket I schwer getroffen wurden, nun weiter größte Opfer bringen müßten. Es sei „Augenauswischerei" sowie „Täuschung der Bevölkerung", die Streichung des Familienministeriums als Sparmaßnahme zu verkaufen. Es werde lediglich der Ministerbezug von Sonja Moser eingespart, der gesamte Beamtenapparat bleibe erhalten.
Pitzinger kritisiert vehement - und macht dabei auch vor der ÖVP nicht halt - , daß man den Familien ein halbes Karenzjahr wegnimmt und dann 600 Millionen Schilling für Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stellt: „Man schickt die Mutter früher an die Werkbank und baut dafür Krippenplätze." Niemand de-ke an das Wohl der Kinder, auch Wünsche der Eltern, die bis zum dritten Geburtstag des Kindes am liebsten zu Hause bleiben wollten, würden kaum berücksichtigt. Pitzinger zu den Kosten: „Ein Krippenplatz kostet pro Kind und Monat etwa 17.000 Schilling, das Karenzgeld beläuft sich hingegen auf nur 6.000 Schilling." An den neuen Familienminister Bartenstein richtet Pitzinger die Aufforderung, den Famiii-enlasteriausgleichsfonds, der bald wieder positiv bilanzieren werde, nur den Familien zugute kommen zu lassen (siehe dazu auch Seite 5), ihn nicht zu kürzen, den Dienstgeberbeitrag aufrechtzuerhalten und auf ein steuerfreies Existenzminimum hinzuarbeiten.
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