Finanzkrise ist schlechte Ausrede für EZA-Minus

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Österreichs Entwicklungshilfe-Budget wird wieder kleiner werden. Da man keine Erhöhung zusammenbringt, soll man sich ein anderes Ziel suchen.

Wenn immer wieder neue Gründe angeführt werden, warum dieses oder jenes nicht geht, dann sagt der Volksmund dazu: „Ausred’, verlass’ mich nicht!“ Der Spruch passt einmalig zum Umgang des offiziellen Österreichs mit seiner Entwicklungszusammenarbeit. Seit den 1970er Jahren verfolgt Österreich das damals im Einklang mit anderen Industrienationen abgegebene Versprechen, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungshilfe aufzuwenden. Doch es gelingt nicht, diesen Wert auch nur annähernd zu erreichen. Und immer ist etwas anderes schuld am Nichteinhalten der verbindlich gegebenen Zusicherung.

Aktuell ist natürlich die Finanz- und Wirtschaftskrise der Sündenbock und dafür verantwortlich, dass Österreichs EZA-Budget schon im letzten Jahr schrumpfte und in diesem und dem nächsten Jahr laut Expertenrechnung auf 0,33 Prozent des BNE zusteuert. Für 2010 waren aber 0,51 Prozent zugesagt, um 2015 endlich die magische 0,7-Marke zu erreichen.

Abgesagt, wieder verschoben. Da das BNE in der Krise kleiner wird, macht sich der prozentuelle Rückgang der EZA-Gelder in absoluten Zahlen natürlich noch stärker bemerkbar. Caritas-Präsident Franz Küberls Griff ins Volle bei seiner Kritik am österreichischen EZA-Geiz ist deswegen verständlich. Der Anwalt der nationalen und internationalen Armen attestierte Österreich bei einer Pressekonferenz zu den UN-Millenniumszielen, „vom Schneckentempo in den Rückwärtsgang“ zu wechseln und so zum Scheitern der Entwicklungsziele beizutragen.

Weniger EZA war lange abzusehen

Dass dem so sein wird, war jedoch abzusehen, da galt „Lehman Brothers Inc.“ noch als florierende Investmentbank, Herr Madoff war ein angesehener Börsenmakler und von einer Finanzkrise warnten nur ewiglinke Kapitalismus-Kassandren. Mit dem Auslaufen der großen Entschuldungen für Länder wie den Irak hätte Österreich nämlich heuer und in den kommenden Jahren viel „frisches Geld“ für die EZA zur Verfügung stellen müssen. Entwicklungs-NGOs fürchteten zurecht, dass dem nicht so sein wird, und forderten jahrelang einen Stufenplan, um diese Aufstockung sukzessive realisieren zu können – vergeblich. Die Staatssekretäre, die sich im Außen- und Finanzministerium um diesen Stufenplan verdient hätten machen können, sind schon durch andere ersetzt. Und die Krise mache einen Plan jetzt sowieso obsolet, heißt es … Stimmt aber nicht!

OECD-Kritik ernst nehmen

Denn die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kritisiert in schöner Regelmäßigkeit an Österreichs Entwicklungshilfe nicht nur das Minus bei den Mitteln, die Finanztricks, mit denen Österreichs EZA-Budget geschönt wird, indem man u. a. auch die Flüchtlingsbetreuung im Inland oder die Kosten für ausländische Studierende einrechnet. Die OECD moniert vor allem den fehlenden Plan, die fehlende Kohärenz, das heißt die mangelnde Zusammenschau und Zusammenarbeit aller acht an der EZA beteiligten Ministerien.

Diese Kohärenz zu verbessern und die dafür nötige Durchsetzungskraft des Außenministeriums in EZA-Belangen gegenüber den anderen Ressorts zu erhöhen, sollte deswegen das Ziel Nr. 1 aller an der österreichischen EZA beteiligten Institutionen – governmental und non-governmental – in der nächsten Zukunft sein.

0,7 kann und muss als Vision bleiben. Dass es mittelfristig eine Utopie ist, belegt auch ein personelles Faktum: Solche zwei der EZA positiv zugeneigten Regierungsmitglieder in entscheidenden Positionen wie Außenminister Michael Spindelegger und Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka hat es schon lange nicht mehr gegeben. Das könnte nur vom Duo Küberl-Landau in EZA-Sympathie übertroffen werden. Doch beide sind anderswo engagiert.

Bleibt die Arbeit an mehr Kohärenz. Wenn schon acht Ministerien zuständig sind, soll ihre EZA wenigstens besser abgestimmt passieren. Umwelt- und Außenministerium werden demnächst im Ministerrat eine derartige Abstimmung präsentieren. Ein generelles „white paper“ im Außenministerium ist in Ausarbeitung. Wenn es fertig ist, sollte es einmal weniger in EZA-Sachen heißen: „Ausred’, verlass’ mich nicht!“

Die OECD

kritisiert an Österreichs EZA u.a. die Aufsplitterung des Bereichs in acht Ministerien, die geringe Macht des Außenministeriums, eine kohärente EZA-Politik durchzusetzen, das Fehlen einer mittelfristigen politischen Strategie und den Mangel an politischer Debatte im Parlament.

In Uganda

schwingt Außenminister Spindelegger auf obigem Bild die Haue. Der Minister besuchte im Juli das OEZA-Schwerpunktland. Nicht im Bild der mitreisende Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka. Beide werden von Insidern als große EZA-Sympathisanten beschrieben – am falschen Personal kann das EZA-Minus also nicht liegen.

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