Gelassenheit trotz der Warnung

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Verfassungsschutz warnt vor Islamismus und Radikalisierung - Gesetze werden EU-Rahmenbeschlüssen angepasst, Tatbestände exakter gefasst - geringe Angst in der Bevölkerung

Zwischen diesen Einschätzungen, jenen des Verfassungschutzes und denen einer Meinungsumfrage, liegen Welten. In dem vor wenigen Wochen vorgelegten Bericht des Verfassungsschutzes heißt es: "Der islamische Extremismus und Terrorismus in Form des gewaltbereiten transnationalen salafistischen Jihadismus stellt gegenwärtig sowie aus mittel- und langfristiger Perspektive die größte Gefährdung für die Sicherheit der Europäischen Union und Österreichs dar.“ Andererseits die Meinungsumfrage: "Mehr als 85 Prozent der Österreicher meinten, dass sie aktuell keine große Angst hätten, Opfer eines Terroranschlages zu werden“ vermeldete die APA, indem sie eine im August vorgenommene Umfrage des Institutes Oekonsult zitierte (1.300 Befragte von 14 bis 83 Jahren). Die objektivierbare Gefährdungslage korrespondiert also nicht mit dem subjektiven Bedrohungsgefühl.

Sicherheits- und Justizbehörden arbeiten dennoch weiter an dem von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizministerin Beatrix Karl angekündigten Anti-Terror-Paket. Die grundsätzliche Einigung in der Koalitionsregierung ist fix, die Einwände der Opposition vor zu viel an Überwachung wurden vorgebracht - ein Beschluss im Herbst im Nationalrat ist möglich und wahrscheinlich. Dies nicht zuletzt, weil die teils neuen, teils exakteren Bestimmungen in diesen Novellen zum Sicherheitspolizeigesetz (SPG) und zum Strafgesetz (StGB) sowohl den Europäischen Rahmenbeschlüssen zur Terrorismusbekämpfung entsprechen als auch den Feststellungen des Verfassungsschutzberichts 2011.

Bedrohungslage für Europa verschärft

Klarstellend heißt es dort, der gesetzliche Auftrag des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung "besteht nicht darin, den Islam per se zu beobachten“. Vielmehr hätte die Behörde "politisch/religiös motiviertem Extremismen Einhalt zu gebieten, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten und die demokratische Grundordnung zu schützen“. Auf europäischer Ebene habe sich die terroristische Bedrohungslage im Berichtsjahr verschärft: "Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste“ hätten "diffuse Hinweise“ erhalten, wonach ausgebildete Attentäter in Richtung Europa entsandt worden seien. Sie sollten dort Anschläge gegen "weiche Ziele“ vornehmen, nach dem Muster des Anschlags auf ein Hotel im Mumbai im Jahr 2008. Die Sicherstellung verdächtiger Pakete aus dem Jemen und die im Internet verbreiteten Drohungen hätten die Bedrohungslage erhärtet. Nun verschärft auch Österreich die Regeln und die Vorkehrungen.

Die Polizei soll mehr Befugnisse erhalten. Sie will (siehe Interview links) nicht nur Gruppen ab drei Personen sondern auch Einzeltäter früher beobachten. Dies soll bereits im Vorfeld von Tatverdacht und von endgültiger Radikalisierung möglich sein. Zudem will die Polizei für relevant erachtete Daten verknüpfen.

Im Strafgesetz gilt bisher nur die klassische Schulungs- und Ausbildungssituation (Camps) als Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat. Das soll sich ändern. Im neuen § 278f soll es strafbar sein, Informationen als Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat zur Verfügung zu stellen oder sich in Form des Selbststudiums Informationen dazu aus dem Internet zu verschaffen. Mit Anleitung ist nicht jegliche Information gemeint, sondern explizit die Befassung mit Sprengstoffen, Schuss- oder sonstigen Waffen sowie für Terror geeigneten Stoffen.

Die Aufforderung zu terroristischen Straftaten oder das Gutheißen von Terrorismus, waren bisher nur strafbar, wenn sie vor zumindest 150 Menschen erfolgten. Diese Anzahl wird auf 30 Personen gesenkt. Das NS-Verbotsgesetz habe gezeigt, dass dies eine wirksame Regel sei, heißt es in der Justiz.

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