Gender ist - aber es muss nicht sein

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Eine Publikation versammelt streitbare konservative Autoren, die sich kritisch mit dem Thema "Gender Mainstreaming" und seinen vielfach kaum beachteten gesellschaftlichen Implikationen auseinandersetzen.

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Eine Publikation versammelt streitbare konservative Autoren, die sich kritisch mit dem Thema "Gender Mainstreaming" und seinen vielfach kaum beachteten gesellschaftlichen Implikationen auseinandersetzen.

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Die Grünen haben offenkundig den Charme des leicht politisch Inkorrekten entdeckt. So plakatieren sie unter anderem im Wiener Wahlkampf: "Frauen wollen nur das Eine: Gerechtigkeit.". Dass es nur darum gehe, behaupten ja auch die meinungsstarken und (gemessen an ihrer Zahl unverhältnismäßig) breit rezipierten Vertreter des sogenannten "Gender Mainstreaming"(die sich selbst natürlich als "VertreterInnen" bezeichnen würden). Dieser Ansicht treten die beiden Herausgeber eines Buches zum Thema vehement entgegen: "Und lassen Sie sich nicht damit abspeisen, dass es bei Gender Mainstreaming ohnehin nur um die 'Gleichstellung der Geschlechter', also die Gleichberechtigung der Frau geht. Das wäre eine gute und unterstützenswerte Sache, nur, es stimmt schlicht und einfach nicht. Es geht um mehr, um viel mehr." So schreiben Christian Günther und Werner Reichel im Vorwort zu "Genderismus(s). Der Masterplan für die geschlechtslose Gesellschaft".

Worum es geht? Um die Dekonstruktion der Geschlechter im Sinne der Bipolarität von Mann und Frau. "Frei von den Fesseln der Moral, Kultur, Religion hat man sich auf den Weg gemacht, die Masse der Unwissenden, also vermutlich auch den geschätzten Leser und mich, aus unserer selbstgewählten Unmündigkeit zu befreien", spottet die deutsche Publizistin Birgit Kelle. Traditionelle Normen werden von den Gender-Apologeten als "soziales Konstrukt", wie sie selbst gerne sagen, "entlarvt". Unter dem Deckmantel der "Antidiskriminierung" hat alles gleich gültig zu sein. "Zwangsheteronormativität" war gestern! Zu recht spricht Kelle von einem gesellschaftspolitischen "flächendeckenden Umerziehungsprogramm", will aber die Hoffnung nicht aufgeben, "dass sich der gesunde Menschenverstand noch nicht ganz erledigt hat".

"Weit überschießende Entwicklungen"

In einen größeren historischen Kontext stellt Blogger Andreas Unterberger, ehemaliger Chefredakteur von Presse und Wiener Zeitung, das Thema: Viele Befreiungsund Emanzipationsbewegungen seien "gut, richtig und notwendig" gewesen - aber sie hätten "in einer Art Pendelbewegung auch zu weit überschießenden und problematischen Entwicklungen geführt". Unterberger nennt hier als Beispiele die Themen Wohlfahrtsstaat, Kolonialismus, Homosexualität - und eben die "Frauenemanzipation", die "vom guten Prinzip der Gleichberechtigung in einen Genderismus mit totalitären Machtansprüchen [...] gekippt" sei. Unterberger spricht auch einen weiteren wichtigen Aspekt des Themas an: die durch die Gender-Ideologie erschwerte Rollen- und Identitätsfindung der Buben und Burschen.

Einer, der direkt aus der pädagogischen Praxis kommt, ist Tomas Kubelik, Deutschund Mathematiklehrer am Stiftsgymnasium Melk. Von daher naheliegend, geht es ihm darum, "wie Gendern unsere Sprache verhunzt". Er weist darauf hin, dass biologisches und grammatikalisches Geschlecht nicht vermengt werden dürfen: "Die Wurst zeichnet nichts Weibliches, den Käse nichts Männliches aus"; der Gast kann eine Frau, die Geisel ein Mann sein. Dass konsequent gegenderte Texte - sei es mittels Binnen-I, sei es mittels durchgehender Nennung beider Geschlechter -unlesbar werden, bedarf kaum einer weiteren Erklärung. Das gilt im übrigen auch für die gesprochene Sprache, wie jeder weiß, der unseren Politikern zuhört, die sich vor lauter "Bürgerinnen und Bürger" etc. beinahe verhaspeln und nicht auf den Punkt kommen. Aber was zählt schon die Aussage, Hauptsache politisch korrekt!

Alles in allem - auch was die hier nicht genannten Autoren betrifft - ein durchaus erfrischender Band, der sich klar gegen den Mainstream stellt. Eine gewisse Pikanterie liegt freilich darin, dass er im Verlag der Team-Stronach-Akademie - "Frank (sic!) & Frei" - erschienen ist. Dessen Perspektiven dürften, frank und frei gesagt, nicht besonders rosig sein. Zu wünschen wäre indes, dass für Autoren wie die hier versammelten auch noch andere Plattformen bereit stehen.

Genderismus(s)

Der Masterplan für die geschlechtslose Gesellschaft

Von Christian Günther, Werner Reichel (Hg.), Frank & Frei 2015, 204 Seiten, geb., € 19,-

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