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Digital In Arbeit

Gibt es einen Rentenluxus?

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Im Septemberheft der von der Arbeiterkammer und vom Österreichischen Gewerkschaftsbund gemeinsam herausgegebenen Zeitschrift „Arbeit und Wirtschaft“ und im „Privatangestellten“ hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und Obmann der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Nationalrat H i 11 e g e i s t, Erklärungen abgegeben, die die Rentner von heute und morgen mit Sorgen erfüllen und nachdenklich stimmen müssen.

Abg. Hillegeist prangert zunächst als einen Luxus, den sich „weit reichere Länder mit durchaus sozialen Regimen nicht leisten, weil man ihn sich einfach nicht leisten kann“, die Tatsache an, daß seit der Gesetzwer- dung des ASVG mit 1. Jänner 1956 und der Einführung der 13. und 14. Pension bzw. Einrechnung einer Sonderzahlung in die Rentenbemessungsgrundlage der Rentenwerber nach 45 Versicherungsjahren eine Alterspension in der Höhe von rund 92,75 Prozent des letzten Arbeitseinkommens bzw. nach 40 Versicherungsjahren 84 Prozent und nach 35 Versicherungsjahren 72,75 Prozent desselben erhält.

Dazu kann man zunächst nur fragen: „Ja, war es denn nicht die Absicht aller, die an dem ASVG mitgewirkt haben, die Alterspension wie bei deii Staatsbeamten möglichst nahe an den letzten Aktivgehalt heranzuziehen? Wie kann also Hillegeist heute das bemängeln, was er damals als Mitschöpfer des ASVG doch sicherlich mitherbeiwünschte? Und — das wurde uns bisher offiziell überhaupt noch nicht mitgeteilt — wie groß ist denn eigentlich die Zahl der Rentner, die diesen theoretisch günstigsten Fall einer Alterspension überhaupt erleben?“ Hillegeist behauptet allerdings, in der Pensionsversicherung der Angestellten falle ein Drittel aller männlichen Altersrenten unter diese Höchstpension, und meint, eine Revision der betreffenden Bestimmungen sei zwingend. Nun. da möchten wir aber denn doch zuerst für die g e- samte Rentenversicherung geltende, auf genauen Erhebungen beruhende Zahlen hören wollen, bevor man hierzu Stellung nehmen kann.

Dem gegenüber dürfte Präsident Hillegeist doch auch bekannt sein, daß 1962 in der Rentenversicherung nach dem ASVG 268.323 Witwenpensionen zur Auszahlung gelangten, deren monatliche Durchschnittshöhe Mitte 1963, also nach der dritten Etappe der Rentenreform, in der Arbeiterversicherung 625 Schilling und in der Angestelltenversicherung

761’ Schilling beträgt, und die also nur einen unglaublich niedrigen Lebensstandard vermitteln. Und wie sieht es denn ebenfalls Mitte 1963 mit den durchschnittlichen monatlichen Alterspensionen der Männer aus? Ihre Höhe beträgt in der Angestelltenversicherung 1753 Schilling, in der Arbeiterversicherung 1084 Schilling, im Bergbau 1793 Schilling und in der Land- und Forstwirtschaft 703 Schilling; letztere Zahl gilt allerdings für 1962. Außerhalb des ASVG, in der gewerblichen Selbstän- digenversicherung, beträgt die durchschnittliche monatliche Alterspension 870 Schilling. Und wenn man dann noch hört, daß von den 1,087.000 Rentnern gegenwärtig 320.000 zusammen mit der Ausgleichszulage nur 770 Schilling monatlich als Ledige und 1110 Schilling als Verheiratete beziehen, dann ist es unbegreiflich, wie man in Zusammenhang mit den Leistungen unserer Rentenversicherung überhaupt von einem „sozialpolitischen Luxus“ zu sprechen vermag.

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