Grüne Vorzeigepflanzen

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Rudolf Anschober kämpft bei den Landtagswahlen um den Erhalt seiner Koalition mit der ÖVP. Kein leichtes Unterfangen angesichts der Wirtschaftskrise und einer erstarkenden FPÖ.

Fast ein wenig ärmlich sah er aus, Rudolf Anschober, in schwarzem T-Shirt vor ein paar Grünpflanzen stehend, ein Spitzenkandidat, der ohne Publikum und ohne Applaus Stimmung machen muss: Die Aufholjagd habe begonnen, so der Spitzenkandidat der oberösterreichischen Grünen, man habe die FPÖ beinahe eingeholt, der Abstand sei schon „ganz knapp“. Dahinter schwiegen die Grünpflanzen. Waldeinsamkeit. Als tags darauf der Wahlkampfauftakt in Eberstalzell stattfand, hatten die Funktionäre schon mehr Mitleid mit ihrem Spitzenmann: 500 waren gekommen – und ein erleichterter Spitzenkandidat rief aus voller Brust: „So etwas hat es bei den Grünen noch nie gegeben!“

Ein Wahlkampf zwischen Bangen und Hoffen. Die oberösterreichischen Grünen, die Vorzeigegrünen der Republik, die mit ihrer Regierungsbeteiligung auch den Testlauf für eine Koalition auf Bundesebene vorstellten, sehen sich vor einer schier unlösbaren Aufgabe: So wie die Sozialdemokraten in Oberösterreich gehen auch die Grünen von dem höchstmöglichen historischen Niveau aus, das ihnen die Wahl 2003 beschert hatte: 9,06 Prozent waren den Grünen damals zugefallen.

In einem Umfeld, in dem die ÖVP wegen der Privatisierung der Voest um zehn Prozent an Stimmen einbrach und die tief in ihr Post-Knittelfeld-Desaster verstrickte FPÖ Richtung fünf Prozent tendierte.

In den Umfragen hinter der FPÖ

Und heute? Die FPÖ hat die Grünen in den Umfragen mit zuletzt 13 Prozent wieder deutlich überholt, während die Grünen selbst unter der zehn Prozent-Marke stagnieren. Auch wenn sie zulegen sollten und knapp über zehn Prozent liegen würden, könnte der so wichtige Sitz in der Landesregierung verloren gehen. Die Grünen hätten damit ihre historisch einzige Regierungsbeteiligung verloren. Freilich gibt es auch Rechenmodelle, die derzeit im Landesverfassungsdienst kursieren, wonach sowohl die FPÖ als auch die Grünen einen Sitz ergattern könnten. Doch dieses Szenario würde voraussetzen, dass SPÖ und ÖVP viele Restwählerstimmen nach dem D’Hondtschen System an die beiden kleineren Parteien abtreten müssen.

Dabei können die Grünen unter Anschober auf eine eigentlich erfolgreiche Bilanz verweisen. Oberösterreich befindet sich unter den führenden Ökoregionen Europas und hat sich mit der „Energiewende“ ein ehrgeiziges Programm gesetzt, das bis 2030 den vollständigen Ausstieg des Landes aus der Energieversorgung auf Basis fossiler Energieträger vorsieht. 15.000 Jobs wurden in der neuen „grünen“ Industrie in den vergangenen sechs Jahren geschaffen. Weiter 50.000 verspricht der Wahlkämpfer Anschober für die kommende Legislaturperiode. Sein ehrgeiziger Plan: Die Hälfte aller 200.000 oberösterreichischen Privathäuser mit Sonnenkollektoren auszurüsten.

Blinder Gehorsam gegenüber VP?

Dass solches wie auch zukünftige Fortschritte mit dem von der SPÖ inkriminierten „blinden Gehorsam“ Anschobers gegenüber der ÖVP erkauft wurde, scheint die grünen Parteigänger nicht zu stören. Auch 2003 noch skeptische Prominenz wie Peter Pilz, Alexander van der Bellen oder die Trachtenschneiderin Gexi Tostmann lassen sich nun breitwillig vor den Wahlkampfkarren spannen und werben für eine Verlängerung grüner Regierungsverantwortung.

Dass die Grünen auf Bundesebene derzeit schon aufgrund ihrer geringen Mandatzahl von einer Regierungsbeteiligung nur träumen können, dürfte zusätzliche Motivation sein, die einzig tatsächlich eroberte Bastion zu halten. Was dabei unterstützend wirkt: Die Landesgruppe Oberösterreich verfügt über eine stetig wachsende Zahl von Mitarbeitern und Kandidaten – nur noch die Wiener Grünen sind den Oberösterreichern in Organisationsdichte überlegen.

Das bestätigt die Zahl der Wahlwerber: Gab es 2003 noch 500 Aktivisten, die für die Grünen kandidierten, so sind es diesmal schon 1300. Sie dürfen nun alle Optimismus versprühen – ganz wie der Werbespots der Grünen.

Dort lachten verschiedene Menschen unterschiedlichen Alters mehrere Sekunden lang herzhaft und lauthals bis wahnsinnig in die Kamera. Im Titel des Spots ist gleichzeitig auch alle Hoffnung der Grünen konzentriert: „Der Anschober-Effekt“.

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