Hilde Zach kämpfte bis zuletzt

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Sie hat Widerwärtigkeiten ignoriert, Widerstände überwunden und sich wahrlich alles selbst erarbeitet – aber ihrem Schicksal einer neuerlichen Krebserkrankung muss sich Hilde Zach, Bürgermeisterin von Innsbruck, ergeben. Am Montag nächster Woche soll der Gemeinderat in einer Sondersitzung die designierte Nachfolgerin Christine Oppitz-Plörer zur neuen Bürgermeisterin bestellen. In Tirols Landeshauptstadt endet eine Ära.

„Jammern gilt nit“, war einer ihrer Grundsätze. Sollte Jammern zulässig sein, dann nur einmal. Ab dann geht es darum, die Umstände zu ändern. So hat sie gelebt, gearbeitet, in manchmal geradezu überschießender, an rührende Schusseligkeit gemahnende Art gehandelt. Das mag für eine Schwäche gehalten worden sein, indes: es war ihre Stärke. Ähnlich dem legendären Wiener Bürgermeister Helmut Zilk hatte sie – als einzige von zwei Stadtchefinnen Österreichs – für jeden und alles ein Ohr, zumindest kurzeitig. Sie hat sich, ebenfalls wie Zilk, für alles interessiert, politische Kritik daher persönlich genommen, eben weil sie mit Leib und Seele Bürgermeisterin war. Als solche war sie ständig unterwegs und verweilte bei Begegnungen im öffentlichen Raum nur so lange, wie sie für die Erläuterung darüber benötigte, warum sie umgehend weiterzueilen habe. Dieses Verhalten rief Spottdrosseln auf den Plan, die jedoch in ihrer Phantasielosigkeit nicht mehr als die Redewendung „wilde Hilde“ zustandebrachten. Sie hingegen hat in Innsbruck einiges erreicht.

Als Fraktionskollegin und dann als Nachfolgerin von Herwig Van Staa, der 2002 zum Landeshauptmann Tirols gewählt wurde, setzte sie die Sanierung der Stadtkasse und die Modernisierung der Verwaltung fort. Investiert wurde in öffentliche Gebäude, in den städtischen Verkehr, in Wohnbau, ebenso in Sportstätten. Bauen ist teuer in Innsbruck, wo entweder Grundwasser oder Hanglagen kostspieligen Tiefbau erfordern, Eigentümer die Mangelware Boden spekulativ verteuern und sich jene, die in Hochbau investieren, zweistellige Renditen erwarten. Zu diesen harten ökonomischen Bedingungen gesellten sich ebensolche aus der Politik.

Die aus einer Fleischerdynastie stammende, kaufmännisch ausgebildete Hilde Zach startete ihre politische Laufbahn in der ÖVP-Abspaltung „Für Innsbruck“. Mit dieser konnte sie bei der Gemeinderatswahl 2006 mit 27 Prozent die relative Mehrheit verteidigen. Das war nicht einfach, fischten doch mit der Stadt-ÖVP, deren Seniorenbund und einem ÖVP-Landtagsabgeordneten drei weitere Listen im bürgerlichen Wählerteich. Dazu kam die Konkurrenz moderater Grüner in einer von natürlicher Umgebung geprägten Stadt, die nahezu ein Fünftel der Stimmen erhielten. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp unter sechzig Prozent. Die daran geäußerte Kritik konterte Zach mit dem Hinweis, die Leute seien offenbar lieber ins Freie als in die Wahlzelle gegangen.

Ihre sachbezogene, aber schnelle und direkte Art brachte ihre eine Rüge der Gemeindeaufsicht ein. In der Krise um die BAWAG zog Zach 2006 kurzerhand das dort deponierte und verwaltete Fondsvermögen der Stadt Innsbruck in Höhe von 124 Millionen Euro ab. Sie habe kein Vertrauen in die BAWAG, müsse aber Risiken ausschließen, sagte Zach zur Begründung dieses Schrittes. Die Gemeindeaufsicht beschied ihr nachträglich, sie hätte mit dem Alleingang Stadtrecht gebrochen.

Das ist inzwischen Geschichte, ebenso wie es bald die Ära Hilde Zach ist. Sie scheide mit Dankbarkeit, sagte sie. Die schuldet ihr wohl auch Innsbruck.

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