Hürdenlauf zum Grundeinkommen

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Die erste Europäische Bürgerinitiative unter österreichischer Leitung ist auf dem Weg - auch, weil die Initiatoren alle bürokratischen Hindernisse meistern.

Die gute Nachricht kam per Email. Am 14. Jänner benachrichtigte die Europäische Kommission Klaus Sambor, dass der Antrag zur Registrierung der Bürgerinitiative angenommen wurde. Die Freude war groß, genau wie der Emailverteiler, an den die Neuigkeit weitergeleitet werden wollte. Schließlich musste ein europaweites Netzwerk darüber informiert werden, dass der gemeinsame Traum vom Bedingungslosen Grundeinkommen ein bisschen greifbarer geworden wird. Wenn auch ein kleines bisschen. Vorerst wird es eine EU-Bürgerinitiative zum Thema geben.

Klaus Sambor ist Wiener und der Kopf der Initiative. Jahrelang arbeitete er im Forschungsbereich der Telekom Austria, bevor er sich nach seiner Pensonierung der Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens verschrieb. Jetzt ist er Vorsitzender des europäischen Bürgerausschusses, in dem Menschen aus vierzehn europäischen Ländern für die Bürgerinitiative zusammenarbeiten.

Zurück zum Start im September

Sie gehören zu den ersten, die sich an das sperrige Instrument wagen, das die Europäische Kommission ihren Bürgern seit nicht einmal einem Jahr zur Verfügung stellt. Wem es gelingt, innerhalb eines Jahres eine Million Unterschriften zu einem Thema zu sammeln, der bekommt von der Kommission zumindest eine Antwort, vielleicht sogar eine Gesetzesänderung. Entscheidende Voraussetzungen, dass es überhaupt so weit kommt, sind Beharrlichkeit und Ausdauer: Schon bevor die Unterschriftensammlung beginnen kann, gilt es nämlich einen echten Hindernislauf durch Fristen und Vorschriften zu bewältigen. Klaus Sambor und seine Mitstreiter machen gerade vor, wie das geht.

Denn ihr erster Antrag wurde im September von der Europäischen Kommission abgelehnt. Darin hatte das Bürgerkommittee die Kommission aufgefordert, "alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens aktiv voranzutreiben.“ An dieser Formulierung stieß sich die Kommission. Sie habe überhaupt keine Befugnisse, das Gewünschte umzusetzen, ließ sie wissen.

Für Sambor und seine Mitstreiter eine bittere Niederlage. Zehn Tage nach der Ablehnung trat der Bürgerausschuss zusammen und beriet, wie es weitergehen soll. Den Europäischen Gerichtshof aufrufen? Die EU ignorieren, und außerhalb des Instruments mobilisieren? Oder noch einmal einreichen? "Wir wollten den Schwung der Aktion nicht gefährden“, erzählt Sambor. Sie entschieden sich daher dafür, noch einmal von vorne zu beginnen.

Aus dreißig Meinungen, formuliert in dreizehn Muttersprachen, mussten ein gemeinsamer Wortlaut entstehen, ein neuer Text für eine neue Einreichung. Im Ergebnis wird die Kommission nunmher aufgefordert, die Einführung eines Grundeinkommens zu beschleunigen, indem sie Forschung und Meinungsaustausch dazu vorantreibt. "Bedingungsloses Grundeinkommen - Erforschung eines Weges zu emanzipatorischen sozialstaatlichen Rahmenbedinungen in der EU“, heißt die zweite Version der Bürgerinitiative. Langfristiges Ziel ist zwar die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Europa. Kurzfristig geht es den Machern aber darum Initiativen, Pilotstudien und die Prüfung unterschiedlicher BGE-Modelle seitens der EU auf den Weg zu bringen. Sicherheitshalber wurde der passende Artikel im Vertrag über die Arbeitsweise der EU im Antrag gleich mit angeführt. Der Plan ging auf: Beim zweiten Versuch nahm die Kommission den Antrag an.

1 Million Unterschriften in 1 Jahr

Der ersten Freude folgte noch mehr Arbeit: Nun muss ein Online-System zur Unterschriftensammlung erstellt werden, das strengen Sicherheitsvorschriften gerecht werden muss. "Eine große Erleichterung war, als wir erfahren haben, dass uns die Kommission dafür einen Server zur Verfügung stellt“, sagt Sambor. "Die Kommissions-Mitarbeiter in Brüssel unterstützen uns sehr.“ Wieder gilt es Formulare auszufüllen, Fristen und Vorschriften einzuhalten. Mitte dieser Woche geht der Antrag zur Zertifizierung nach Luxemburg. Innerhalb eines Monats muss dort geprüft werden, ob das Sammelsystem den Anforderungen entspricht. Wenn‘s ein OK gibt, kann endlich mit der Unterschriftensammlung begonnen werden.

Klaus Sambor hofft sogar, dass es schon am 16. März so weit ist. An einer Kampagne wird gerade mit Feuereifer gearbeitet. Ein volles Jahr hat die Initiative dann Zeit, um eine Million Unterschriften in ganz Europa zu sammeln. Doch selbst, wenn das gelingt: Auf dem Weg zu einem Bedingungslosen Grundeinkommen in Europa ist das maximal ein kleiner Schritt.

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