"Hut ab vor dem Erzbischof"

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"Mit dem Dirndl fahr'n ma Schlitten", hätten sich viele bei Gabi Burgstallers Einstieg in die Politik gedacht, erzählt die Salzburger Landeshauptfrau im Rückblick. Vorausschauend sagt Burgstaller, was sie sich vom neuen Intendanten der Salzburger Festspiele erwartet, warum sie von Asyl-Regelung und Österreich-Konvent enttäuscht ist und wie es im Salzburger Abtreibungsstreit weitergeht.

Die Furche: "Es ist oft ein Vorteil, wenn dich die Leute, die du überzeugen willst, am Anfang unterschätzen" - Frau Landeshauptfrau, von wem stammt dieses Zitat?

Gabi Burgstaller: Weiß ich nicht, von mir?

Die Furche: Von Hillary Clinton, - in einem Falter-Interview haben sie gesagt, dass sie am liebsten politische Bücher von Hillary Clinton lesen?

Burgstaller: Ja, Frau Clinton schreibt wunderbare Bücher, sie hat einen sehr emotionalen Zugang zur Politik, das gefällt mir.

Die Furche: Wer sich Ihre Polit-Karriere anschaut, hat aber nicht den Eindruck, sie wurden unterschätzt...

Burgstaller: Doch schon: Bei meinem ersten Auftritt als Klubchefin war ich 29 Jahre alt. Damals hatte ich das Gefühl, dass meine Gegenüber sich dachten: "Mit dem Dirndl fahr'n ma Schlitten!" Daraus ist halt dann nichts geworden.

Die Furche: Im Wahlkampf haben Sie frischen Wind versprochen. Die Grünen im Land kritisieren, es sei nur ein atmosphärisches Lüfterl geworden. Wo bläst der Burgstaller-Wind?

Burgstaller: Zuerst einmal bei den vielen kleinen Sorgen: Ich habe die letzten Tage ständig Schulprobleme gelöst, wo Eltern von Schulkindern total unglücklich mit bürokratischen Zuteilungen waren. Das ist der neue Wind: Mir ist es wirklich ein Anliegen, dass es allen gut geht. Immer werde ich das nicht zusammenbringen, aber ich bemühe mich um Lösungen.

Die Furche: Eine andere Lösung ist, dass Jürgen Flimm ab 2007 der neue Intendant der Salzburger Festspiele ist. Flimm wird zwar geschätzt, aber als mutige Akzentsetzung gilt diese Bestellung nicht.

Burgstaller: Wir werden schon Akzente setzen. Der Herr Flimm ist bekannt dafür, ein phantasievoller und durchaus auch konfliktfreudiger Mensch zu sein. Er hat alle hinter sich und daher höchste Anerkennung. Und es soll ja nicht der Intendant leuchten, sondern die Aufführungen.

Die Furche: Die Landeshauptleute-Konferenz am Montag war vom Thema Asyl bestimmt. Jetzt gibt es endlich eine Bund-Länder-Vereinbarung in diesem Bereich, trotzdem geht der Streit um die Unterbringung von Asylwerbern weiter - warum?

Burgstaller: Grundsätzlich finde ich es ja richtig, dass Asylwerber solidarisch verteilt werden. Aber es ist nicht in Ordnung, dass sich der Bund aus der Finanzierung verabschiedet und die Länder über Gebühr belastet.

Die Furche: Ist der Vorschlag eine Lösung, in jedem Ort eine Flüchtlingsfamilie unterzubringen?

Burgstaller: Klingt gut, funktioniert aber nicht. In Salzburg sind fast nur Flüchtlinge aus Tschetschenien, die sich - einzeln aufgeteilt auf Gemeinden - sprachlich überhaupt nicht zurechtfinden würden. Das heißt, wir brauchen Integration, und wir haben zu wenig Geld, das in jeder Gemeinde einzeln zu machen.

Die Furche: In Salzburg fehlen nach wie vor Plätze für Asylwerber.

Burgstaller: Landesrat Erwin Buchinger bemüht sich sehr, weitere Quartiere zu finden. Es wäre halt schön, wenn die Bürgermeister und Lokalpolitiker, anstatt mit den Wölfen zu heulen, konstruktive Lösungen suchen. In jenen Gemeinden, wo man zusammenarbeitet, funktioniert es ja wunderbar. Aber natürlich gibt es für Integration eine Grenze: Zu groß sollen die Quartiere nicht sein.

Die Furche: Warum gelingt es einem reichen Land wie Österreich so schwer, Flüchtlinge unterzubringen?

Burgstaller: Ich habe manchmal den Eindruck, dass mit dem Wohlstand die Solidarität sinkt. Aber grundsätzlich meine ich, dass wir das Miteinander, das gegenseitige Kennenlernen forcieren müssen. Vorurteile gedeihen dort, wo man sich selber kein Urteil bildet. Die Kirche arbeitet vorbildlich in diesem Bereich. Überhaupt: Christentum und Sozialismus sollten wieder mehr zusammenarbeiten, dann würd's passen...

Die Furche: Wenn Sie das so sagen: Wo ist denn beim Salzburger Abtreibungsstreit die Kirche gestanden?

Burgstaller: Es hat ein paar gegeben, die ordentlich mitgeschürt haben. Aber ich muss sagen: Hut ab vor dem Erzbischof in Salzburg, den ich sehr schätze und mit dem ich mich sehr gut verstehe. Die Kirche ist grundsätzlich gegen die Fristenlösung - das verstehe ich, aber man versucht halt konstruktiv mit dem Thema umzugehen. Erzbischof Kothgasser ist vor allem kein Hetzer. Eine Abtreibung ist so eine Tragik im Leben einer Frau, dass man nicht mit Verurteilungen arbeiten kann, sondern mit Verständnis. Auch wenn man die Entscheidung nicht akzeptiert.

Die Furche: Wo stehen die Verhandlungen mit Ihrem Koalitionspartner ÖVP zu diesem Thema?

Burgstaller: Geredet haben wir schon viel, aber Lösung gibt es noch keine. Ich meine, wir sind es den Frauen schuldig - und meistens sind die Betroffenen ja aus schwierigen sozialen Verhältnissen -, dass sie bei einer Abtreibung zumindest kein gesundheitliches Risiko eingehen. Die ÖVP ist eher der Meinung, in Privatkliniken kann alles geschehen, nur nicht im öffentlichen Krankenhaus. Das halte ich für: Augen zu vor der Realität.

Die Furche: Am Österreich-Konvent lassen Sie regelmäßig kein gutes Haar - warum?

Burgstaller: Sie können sich nicht vorstellen, wieviel Laufmeter Papier ich jede Woche aus dem Konvent kriege. Aus meiner Sicht ist das Pferd von hinten aufgezäumt worden: Man hätte vorher mit Verfassungsmehrheit vereinbaren müssen, wo man Veränderungen im Staatsgefüge wünscht. Jetzt machen sich viele Politiker und noch mehr Spitzenbeamte und Wissenschaftler alle möglichen Gedanken, aber es weiß kein Mensch, ob dabei was herauskommt. Außer dass man die Verfassungsbestimmungen in ein Gesetz schreibt, was nicht wirklich eine Errungenschaft ist.

Die Furche: Für Sie ist dieser Karren also heillos verfahren?

Burgstaller: Ich kritisiere ja nicht die Teilnehmer am Konvent. Auch die dort geleistete Arbeit ist nicht schlecht - aber man hätte halt bereits vorher ungefähr das Ziel ausmachen sollen.

Die Furche: Wäre es für Sie ein Kompliment, wenn Sie einmal den Titel "Landesmutter" bekommen?

Burgstaller: Nein, das ist ein bissl an meiner Rolle vorbei. Es ist zwar so, dass ich eine Kümmerin bin, wie die meisten Frauen, d.h. ich nehme mich vieler Anliegen an, aber ich kann einfach nicht über 500.000 Kinder haben.

Das Gespräch führte

Wolfgang Machreich.

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