Im Kreislauf von Gold, Gier und Gift

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Peru ist eines der rohstoffreichsten Länder der Welt. Doch die Ausbeutung der Bodenschätze führt zu massiven Umweltschäden. Die Politik steht dem tatenlos gegenüber, europäische und US-Konzerne hingegen verdienen.

Der Fluch des Metalls ist schon 1563 über Huancavelica gekommen. Damals überquerte der spanische Eroberer Jeronimo de Cabrera die Anden und fand in der Nähe der indigenen Siedlung Hunacavelica Metallvorkommen: Gold, Silber, Zink und Quecksilber. Seither werden Stollen in den Berg getrieben, Gruben angelegt und Chemikalienseen zur Lösung der Metalle. Der Bergbau ist eine gefährliche Arbeit – zu Hunderten starben die Arbeiter in den Gruben von Huancavelica. Bis ins 19. Jahrhundert las ein Priester den Knappen täglich die Totenmesse, bevor sie zur Arbeit gingen.

Umwelt-Notstandsgebiet

Das Metall hat den Minengesellschaften viel Reichtum gebracht, nicht aber Huancavelica. Heute ist die Stadt eine der ärmsten Perus. 40.000 Einwohner leben in zumeist wellblechgedeckten Hütten in dem kargen Talkessel. Seit Juli dieses Jahres ist Huancavelica nun auch eine Katastrophenregion – und wieder ist das Metall schuld daran. Der Damm eines Zyanidbeckens der Caudalosa-Grande-Mine ist geborsten und hat Trink- und Nutzwasser in bis zu 70 Kilometer Entfernung verseucht. Im Wasser gelöstes Blei ist unsichtbar. Erst tausende verendete Fische haben die Bevölkerung gewarnt. Davor haben sie wie üblich ihr Vieh getränkt, ihre Felder bewässert und selbst vom Wasser getrunken. Offiziell gewarnt hat man sie erst Tage nach dem Unglück.

Der Caudalosa-Skandal ist nur jüngster Auswuchs des wirtschaftlichen Dilemmas Perus: Das Land ist auf seine Bodenschätze angewiesen, und steht deshalb den verheerenden Folgen des Bergbaus bislang tatenlos gegenüber. Dabei sind es vor allem internationale Minengesellschaften – darunter auch europäische – die für die Lage mitverantwortlich sind.

Ein Blick auf die Wiertschaftsdaten verdeutlicht das Problem: Peru ist der weltdrittgrößte Metallrohstofflieferant. Mehr als 60 Prozent des Gesamtexportvolumens, insgesamt 15 Milliarden Dollar gehen direkt auf den Bergbau zurück. Zwölf Millionen Hektar, zehn Prozent der Gesamtfläche Perus sind Bergbaugebiet. Gold, Silber, Zinn und Blei sind die hauptgeförderten Metalle.

Jene internationalen Konzerne, die gemeinsam mit staatlichen Gesellschaften die Ausbeutung übernommen haben, können sich über eine minimale Steuer von drei Prozent freuen. Und sie wissen diesen Vorteil zu schätzen: 6,5 Milliarden Dollar wurden allein in den vergangenen vier Jahren in den Bau neuer Gruben investiert.

Die Regionen sehen von den Gewinnen kaum etwas. Nur 1,5 Prozent des Rohstoff-Gegenwerts fließen über einen Refundierungsbeitrag, dem „Canon Minero“, an sie zurück. Doch kommt dieser Minimalbetrag überhaupt an? Louis Guerrero, Ex-Bürgermeister der Bergbaustadt Cajamarca: „Die Regionalregierungen setzen Geld für alles mögliche ein, nur nicht für nachhaltige Projekte. Dazu kommt noch Korruption.“

Katastrophale Schäden

Unterdessen verursacht der Bergbau katastrophale Umweltschäden. So zählt die Stadt Oroya 180 Kilometer östlich von Lima laut Blacksmith-Bericht zu den zehn verschmutztesten Städten der Welt. Die Konzentration von Schwermetallen im Blut der Bewohner überstieg bei Untersuchungen das zehnfache des Grenzwertes. Aufgrund massiver Proteste sah sich Perus Regierungschef Alan Garcia Ende Juli gezwungen, dem US-Betreiber Doe Run die Lizenz zu entziehen.

Das Umweltproblem richtet sich meist gegen die indigene Bevölkerung. Von 5000 Indio-Bauerngemeinschaften sind mittlerweile bereits 3000 negativ vom Bergbau betroffen. Im Norden Perus gab es zuletzt gewaltsame Zusammenstöße zwischen Indios und Einheiten der peruanischen Polizei, weil die Regierung ohne Rückfrage bei der Bevölkerung internationalen Konzernen Gebiete zur Erschließung von Minen zuteilte, darunter einen den Indios heiligen Berg. 19 Umwelt- und Menschenrechtsinitiativen haben sich nun unter dem Dach von Red Muqui zusammengeschlossen um gegen die Missstände gemeinsam vorzugehen.

Dabei steht vor allem das Bergbaugebiet bei Cajamarca im Nordosten Perus unter Kritik, auf dem sich die zweitgrößte Goldgrube der Erde, Yanacocha befindet.

Ein Bericht der internationalen Umweltagentur Ingetech listete zahlreiche Störfälle auf, die zu massivem Fischsterben und Trinkwasserverseuchung führten und kritisierte die „progressive Verschlechterung der Wasserqualität“. Opfer von Quecksilbervergiftungen fordern seit Jahren Schadenersatz. Bisher ohne Erfolg. Die Betreibergesellschaft Mineras Yanacocha, im Teilbesitz des US-Konzerns Newmont verweigert. Dafür prangen auf der Yanacocha-Homepage idyllische Fotos von wassertrinkenden Indio-Kindern und glücklichen Lama-Bauern. Titel: „Yanacocha, die Mine mit Respekt für die Umwelt.“

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