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Im Schatten der Atomkraftwerke

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Das grenznahe tschechische Kernkraftwerk Temelin ist nur eines von vielen atomaren Sicherheitsrisikos in der unmittelbaren Nachbarschaft Österreichs.

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Das grenznahe tschechische Kernkraftwerk Temelin ist nur eines von vielen atomaren Sicherheitsrisikos in der unmittelbaren Nachbarschaft Österreichs.

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Im Koalitionsabkommen von 1990 steht es schwarz auf weiß: Österreich wird alles daran setzen, um ein „AKW-freies Mitteleuropa" zu schaffen (Kommentar auf Seite 8). Als vor zwei Wochen die US-Exim-Bank die Finanzierungsgarantie für das tschechische Atomkraftwerk Temelin abgab, verkam dieser Lieblings-Slogan des Kanzlers endgültig zum Lippenbekenntnis. Zwar schickte er kurzentschlossen den Atomgegner Manfred Heindler von der Energieverwertungsagentur in die USA, um die Kongreßabgeordneten doch noch dazu zu bewegen, die US-Finanzierung rückgängig zu machen. Doch stehen die Chancen dazu denkbar schlecht. Zu spät kommt der offizielle Protest.

Als Ende Jänner Martin Kaspar, der Osteuropa-Experte der Umweltschutzorganisation Global 2000 nach Washington reiste, um Lobbying gegen das Projekt zu machen, war er vom Kenntnisstand der Abgeordneten überrascht. „Die wußten nicht einmal, wo Temelin liegt. Von den Ängsten der österreichischen Bevölkerung ist im Kongreß fast nichts bekannt."

Inzwischen droht aber bereits der nächste Rückschlag der heimischen Anti-Atom-Politik. Im slowakischen Mochovce wartet ein hoffnungslos veralteter Reaktor auf seine Fertig-stellung. Mindestens sieben bis zehn Milliarden Schilling werden dazu noch benötigt. Diese sollen von der EBRD, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, beigesteuert werden. Neben der EU und deren Mitgliedsstaaten (halten zusammen mehr als die Hälfte der Anteile) sind aber auch Osterreich (Anteil: 228 Millionen ECU) und die anderen EFTA-Staaten Eigentümer dieser Bank. Österreich könnte demnach schon bald in die Finanzierung von umstrittenen Atomprojekten miteingebunden werden.

Ab 1. Jänner 1995 könnten aber noch mehr Alpendollars in den Kassen der Atomindustrie landen. Dann nämlich, wenn der EU-Beitrittsfahrplan eingehalten und Österreich Anfang nächsten Jahres nicht nur EU-sondern auch E,URATOM-Mitglied wird. EURATOM - die Atomgemeinschaft der EU - beabsichtigt, umgerechnet 14 Milliarden Schilling an Krediten für Ost-AKWs be-reitzustellen. In den letzten Monaten wurden die Vergaberichtlinien intensiv zwischen EU-Kommission und Europa-Parlament diskutiert. Ein Kompromiß, der vorschreibt, daß ein EU-Unternehmen von den finanzierten Projekten profitieren muß, steht unmittelbar vor der Ab-segnung durch den EU-Ministerrat.

Noch vor wenigen Monaten meinte Österreichs Bundesregierung, der EURATOM-Vertrag sei ohnehin nur mehr „totes Recht' ...

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