In 0,00000000007-Meilen-Stiefeln vom Euroland in die Globowelt

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Das Obama-Amerika wirft China vor, seine Währung für Exportvorteile zu manipulieren. Doch die USA stehen wegen ihres Dollar-Imperialismus' selbst am Pranger - ist "Globo" ein Ausweg?

Die Regierung Obama war noch keine Woche im Amt, da gab es schon den ersten Währungsstreit mit China. Peking wies verärgert den Vorwurf des US-Finanzministers Timothy Geithner zurück, wonach es seine Währung manipuliere, um chinesische Exporte billiger zu machen. Der Vorwurf aus Amerika ist nicht neu. Da aber das Wachstum der drittgrößten Wirtschaftsmacht China mit "nur" noch 6,8 Prozent im vierten Quartal letzten Jahres eingebrochen ist, fürchten auch mehr und mehr Analysten, Peking werde seinen Renminbi zumindest schleichend abwerten, um die eigene Ausfuhr zu stützen. Obama wolle nun, heißt es laut seinem Finanzminister, "aggressiv" mit allen diplomatischen Mitteln auf eine Änderung in Chinas Währungsregime hinarbeiten.

Auf europäischer Ebene haben derartige Wechselkurs-Foulspiele mit der Einführung des Euro ein Ende gefunden. Pinzgauer Holzhändler brauchen sich seither nicht mehr vor einer Abwertung der italienischen Lira fürchten, die sie früher von einem Tag auf den anderen um ihre Gewinne gebracht hat. Innerhalb großer Währungsräume wie der Eurozone sind schädliche Eruptionen von Wechselkursen zwischen den Staaten gebannt - ein Riesenvorteil, für den die Euro-Regierungen bereit sind, ihren wirtschaftspolitisch früher oft willkommenen Abwertungshebel aufzugeben. Noch dazu, wo damit auch Spekulanten wie George Soros das Handwerk gelegt wird, der mit seinen Angriffen auf das Pfund in den 1990er Jahren Großbritannien in schwere Turbulenzen brachte.

Mit dem Mut zur Vision: Weltgeld einführen

"Mit dem Mut zur Vision", fragte am Tag vor der Euroeinführung am 1. Jänner 2002 der Bremer Wirtschaftswissenschafter Rudolf Hickel in einem taz-Beitrag: "Wäre es nach dem Riesenschritt ins Euroland nicht sinnvoll, ein Weltgeld auf der Basis des gesamten Globus als optimalen Währungsraum einzurichten?"

Hickel greift mit dieser Frage einen Gedanken auf, der erstmals am 1. Januar 1933 in der französischen Zeitung Le Fédériste veröffentlicht wurde. Damals wurde die Idee geboren, eine Weltwährung zu schaffen. Diese Währung mit Namen "Terra" sollte auf einem Warenkorb aus den zwölf wichtigsten Waren und Dienstleistungen basieren.

Die britische Ökonomie-Ikone John Maynard Keynes hat die Idee einer Weltwährung im Rahmen der Bretton-Woods-Konferenz 1944 vorgeschlagen - ist damit aber bei der damals getroffenen Neuordnung des internationalen Währungssystems abgeblitzt.Nicht zuletzt, weil Keynes' Weltgeld "Bancor" die Dollarhegemonie und damit die währungspolitische Vormachtstellung der USA beendet hätte. Neben den gemeinsam festgelegten Wechselkursen war vor allem ein weiterer Vorschlag von Keynes zu revolutionär für das damalige (und heutige!) Weltwirtschafts-Machtgefüge: Nicht nur das Handelsdefizit von Ländern, sondern auch Handelsüberschüsse sollten mit Sanktionen belegt werden. Damit wäre Export-Weltmeistern auf Kosten von Import-Verlierern ein Riegel vorgeschoben worden.

Die Idee einer Weltwährung wurde trotz dieses Scheiterns aber nicht zu Grabe getragen. Nur der Name dafür ist mittlerweile ein anderer: Inzwischen wird für einen "Globo" als Weltwährung geworben - unter anderem vom kanadischen Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Mundell. Obwohl das Währungssystem aktuell unter der Anspannung der Finanzkrise ächzt, sagte Mundell bei einem Nobelpreisträgerseminar an der Wiener Wirtschaftsuniversität im Oktober 2008, glaube er nicht daran, dass ein politischer Anlauf für eine Weltwährung vor 2011/12 stattfinden wird.

Keine Angst mehr vor Renminbi

Der Bremer Ökonom Jörg Huffschmid (siehe Interview) spannt den Zeithorizont für den Globo noch viel weiter auf. Ohne eine tiefgreifende wirtschaftspolitische Koordinierung zwischen den Staaten gibt er der Weltwährung keine Chance.

Auch für Huffschmids Bremer Kollegen Hickel sind die ökonomischen Entwicklungen innerhalb und zwischen den drei großen Wirtschaftsräumen Nordamerika, Europa und Südostasien zu groß und lassen den Traum vom Weltgeld schnell platzen. Zudem wäre eine weltweit einheitliche Geldpolitik "für die immer noch in Unterentwicklung gehaltenen Länder eine Katastrophe".

Hickel fordert jedoch, dass ein Element aus der Idee vom Weltgeld Globo unbedingt realisiert werden müsse. Um die Weltwirtschaft vor den schädlichen Auf und Abs der Wechselkurse zu befreien, plädiert er für ein System der Stabilisierung der wichtigsten Währungen: "Gebraucht wird ein System von fixierten bilateralen Wechselkursen mit der Verpflichtung der Notenbanken, innerhalb einer Bandbreite diese Kurse zu verteidigen. Die Leitkurse dürfen nur unter extremen Bedingungen geändert werden. Zur Stützung des Systems ist eine internationale Clearing-Union auf der Basis der Recheneinheit Globo nötig." Um die Gewinnmargen von Währungsspekulanten noch kleiner zu machen, sollte dieses Wechselkurssystem, laut Meinung Hickels, mit der Einführung einer weltweiten Finanztransaktionssteuer wie der Tobin-Tax komplettiert werden.

Erfolgsaussichten für die Umsetzung dieses Globo-light-Konzepts sieht Hickel allerdings nur unter der Bedingung, "wenn die USA ihre Politik des US-Dollar-Imperialismus' aufgibt. Der Anspruch auf die Leitwährungsposition passt - wie auch der militärische Imperialismus in der Außenpolitik - weniger denn je zur Weltwirtschaft". Aber hat nicht Barack Obama versprochen, mit dem US-Imperialismus Schluss zu machen? Mit dem großen Vorteil, dass er sich dann nicht mehr vor einer Abwertung des chinesischen Renminbi zu fürchten brauchte.

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