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Innerparteiliche Kritik an Jörg Haider

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Krisenstimmung in der FPÖ: die innerparteiliche Zerreißprobe zwischen EU-Befiirwortern und Gegner spitzt sich nach der Volksabstimmung zu.

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Krisenstimmung in der FPÖ: die innerparteiliche Zerreißprobe zwischen EU-Befiirwortern und Gegner spitzt sich nach der Volksabstimmung zu.

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Als „besonders positiv für die EU-Befürworter in der FPÖ” bezeichnet Erwin Hirnschall, dritter Wiener Landtagspräsident und vormals langjähriger Wiener FPÖ-Chef, den Ausgang der Volksabstimmung. Hirnschall war - neben Ex-Bechnungshofpräsident Tassilo Broesigke — der prominenteste Freiheitliche, der entgegen der Parteilinie für ein „Ja” bei der Volksabstimmung eingetrteten war. Nun fühlt sich Hirnschall „persönlich bestätigt, weil ja ein großer Teil der FPÖ-Wähler gemäß der traditionellen Europapolitik der FPÖ für einen Beitritt gestimmt hat - und das sogar in unserem Stammland Kärnten.”

Laut Nachwahl-Analysen haben immerhin 41 Prozent der deklarierten FPÖ-Anhänger für einen EU-Beitritt gestimmt.

Im FURCHE-Gespräch rät Landtagspräsident Erwin Hirnschall seiner Bundespartei nun dazu, „das Ergebnis zu akzeptieren. Ich plädiere dafür, die Kampagne gegen die Europäische Union einzustellen. Und ich hoffe, daß wir nun endlich wieder zu einem positiven Verhältnis zur EU zurückfinden.”

Ob nicht durch den Schwenk von Parteiobmann Jörg Haider vom früheren EG-Euphoriker zum glühenden EU-Hasser die Glaubwürdigkeit der FPÖ gelitten habe? - „Natürlich waren die Wähler dadurch irritiert”, meint Hirnschall: „Das war ja auch der Grund für mich und für andere, in die Öffentlichkeit zu gehen um zu zeigen, daß man auch ein guter Freiheitlicher und ein EU-Befürworter sein kann.”

Bereits zuvor hatte Haider keinen Zweifel daran aufkommen lassen, daß er an seinem EU-kritischen Kurs festhalten und in Hinkunft die Interessen all jener Bürger vertreten wolle, die gegen den EU-Beitritt ge-stimmt haben (Politologe Plasser: „Haider stellt sich an die Spitze einer Koalition der Verlierer.'). Und für die EU-Befürworter in seiner Partei hatte Haider - im „Ö-3-Frei-zeichen” bloß Spott und Häme übrig: es sei doch positiv, daß, der EU-Befürworter „Erwin Hirnschall am Ende seiner langen Karriere damit in die Fernseh-Pressestunde gekommen ist”.

Zumindest nach außen hin gelassen kommentiert Grünen-Bundessprecher Peter Pilz den Ausgang der Volksabstimmung und die Konsequenzen für seine Partei. „Wir waren eine absolute ,Ja'- oder eine absolute ,Nein'-Partei”, meint Pilz im FURCHE-Interview: „Wir waren immer bloß der Meinung, es geht leichter, die Europäische Union von außen her zu verändern als von innen. Nun müssen wir halt den schwierigeren Weg gehen.”

Gelassen gibt sich Pilz auch im Hinblick auf die Nationalratswahl: Die vorzeitige Festlegung Von SPÖ-Vorsitzenden Franz Vranitzky und ÖVP-Obmann Erhard Busek auf die Fortsetzung der Großen Koalition nütze den Grünen ebenso wie die Haltung der FPÖ. „Die Freiheitlichen haben in Wahrheit nie eine klare Position zur EU gehabt, sondern immer nur mit dem Ergebnis spekuliert”, befindet Pilz. Daher könnte die FPÖ nun auch nicht als „Kontrollor” der Begie-rung auftreten, dazu fehle ihr die Sachkompetenz. Vielmehr sei diese Sachkompetenz, etwa in den Bereichen Umwelt und Neutralität, bei den Grünen beheimatet.

Die Grünen würden sich nun um eine „Allianz der Beformkräfte in der EU” bemühen, verspricht Pilz. ' Zu den Zielen dieser Beformkräfte müßten etwa eine stärkere Umwelt-Orientierung sowie eine Öffnung der EU für die früheren Ostblockstaaten gehören.

Darin liege auch der große Unterschied gegenüber Haiders FPÖ, meint der Bundessprecher der Grünen: „Ich kann mir kaum vorstellen, daß Jörg Haider für eine rasche Ostöffnung der EU eintreten wird.”

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