Inschallah, die Presse ist frei

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Der Gesprächspartner hört auf einmal zu reden auf, wenn ein Dritter mithört. Und Uni-Mitarbeiter lachen, wenn es um Pressefreiheit geht. Ausländische Zeitungen lassen sich im ganzen Land keine finden, und publizieren darf nur, wer sich an fünf Neins hält.

Gott weiß alles", sagt Abdullah. "Gott kann man nicht betrügen." Abdullah redet viel, noch mehr redet er, wenn ihn sein Gast auf einen Früchtecocktail an die Hotelbar einlädt. Und was er erzählt, ist interessant, fremd, ein wenig schräg, manchmal richtig witzig - nur wenn Abdullah das Gefühl hat, dass ein Dritter zuhört, dann hält er inne, dann nimmt er den Strohhalm zwischen seine Lippen und schaut sein Gegenüber, ohne etwas zu sagen, vielsagend an.

"Ich kann hier Sachen sagen, die ich woanders nicht sagen kann", meint Journalist Hassan Ahmed al Lawati von der Sultan Qabus Universität in Masqat. Eine kühle Brise weht durch die Arkaden, die den Campus eingrenzen. Die langen Gänge, die hohen Steinbögen - das alles schaut nach Freiheit aus, doch der Höhenflug wird abrupt gestoppt: "Keine Pressefreiheit, überhaupt keine Freiheit", ruft ein anderer Universitätsangestellter zornig aus. Al Lawati beschwichtigt: "Wie überall gibt es auch bei uns Regeln, aber innerhalb dieser Regeln ist man frei."

Keine Zensur, nur Regeln

"Es gibt keine Zensur im Oman", sagt Said bin Khalfan al Harthy, "was es gibt sind Regeln." Al Harthy weiß, wie man in seinem Land mit Nachrichten umzugehen hat; er ist der Vorsitzende des "Oman Establishment for Press, News, Publication and Advertising"; was immer im Oman publiziert wird, es läuft über seinen Schreibtisch. Al Harthy ist ein angenehmer Gesprächspartner, er braucht keine Fragen, er weiß, was Journalisten aus Europa wissen wollen: "Nichts Negatives über den Sultan berichten und nichts Negatives über die königliche Familie", beginnt er die Aufzählung der Regeln des omanischen Pressekodex. "Keine Personalisierung, nichts Negatives über die Religion und keine Berichterstattung, die unsere Nachbarländer provozieren könnte", setzt er die Reihe fort - und "das war es dann auch schon".

"Warum gibt es keine ausländischen Zeitungen im Oman?", will der Gast wissen. Al Harthy zeigt sich überrascht - das kann nur am Hotel liegen, dass aus Kostengründen keine ausländischen Titel abonniert, aber in den Book-Stores, seien Financial Times und Herald Tribune etc. erhältlich. Eine gute Woche im Oman reichen nicht aus, um eines dieser Geschäfte zu finden.

"In den meisten arabischen Ländern arbeiten die Medien in einem Umfeld, das die Presse-, Rede- und Meinungsfreiheit stark einschränkt", heißt es im Arab Human Development Report 2003. Täglich werden im arabischen Raum nur 53 Zeitungen pro 1.000 Einwohner herausgegeben; im Vergleich dazu sind es 285 pro 1.000 Einwohner in den Industrieländern. Ungeachtet weniger Lichtblicke, wie einiger unabhängiger Zeitungen, Radio- und Fernsehstationen, die sich etablieren konnten, sind die meisten Medien in den arabischen Ländern weiterhin in staatlicher Hand. Kurz gesagt, unterstellen die meisten arabischen Regierungen "die Medien der vorherrschenden politischen Obrigkeit und benutzen die Fernsehkanäle für politische Propaganda und Unterhaltung - auf Kosten anderer Funktionen und Dienste", behauptet der UN-Report zur arabischen Entwicklung.

Presse als Pumpstation

Al Harthy gibt unumwunden zu, als Sprachrohr der Regierungspolitik zu fungieren. Sei es die Aufforderung zur Omanisierung, sei es der Aufruf zur Wahl oder zur Volkszählung - der oberste Pressechef des Landes vergleicht die omanische Presse mit einer Pumpstation, die so lange, so viel pumpt, bis sich der angestrebte Erfolg einstellt.

Ein düsteres Bild zeichnet der UN-Report auch bei der Verbreitung von Büchern: Die Araber machen fünf Prozent der Weltbevölkerung aus, doch sie bringen nur ein Prozent der weltweit erscheinenden Bücher hervor. 1996 wurden in den arabischen Ländern nicht mehr literarische und künstlerische Bücher als im Jahr 1945 produziert.

Erschreckend gering ist ebenfalls die Zahl der Internetbenutzer in der arabischen Welt. Auf dieses Thema will sich Informationsminister Al Rashdi nicht einlassen - dafür zeigt er bei einer anderen Frage Selbstbewusstsein: Eine der ersten Auswirkungen des "US-Kriegs gegen den Terror" war ein starker Rückgang arabischer Studenten in den USA; so studieren heute 25 Prozent weniger Omanis in den Staaten als 1999. "Das ist allein schlecht für die amerikanische Wirtschaft", sagt Al Rashdi, "dann schicken wir unsere Leute nach Europa, nach Australien - wir lassen uns in unserer Entwicklung nicht stoppen."

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