Integration wird zum Regierungsauftrag

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Noch ist nicht ganz klar, welche Aufgaben im Staatssekretariat für Integration behandelt werden. Der erste Amtsinhaber ist aber bereits heftig umstritten.

Es war abzusehen, dass sich die Opposition auf den neuen ÖVP-Staatssekretär Sebastian Kurz einschießen würde. Nicht nur wird dem 24-jährigen Newcomer in der Bundespolitik ob seines Alters und aufgrund des Umstands, dass er sein Studium der Rechtswissenschaften noch nicht beendet hat, wenig zugetraut. Mehr noch stört etwa die Grünen - wie auch viele NGO-Vertreter -, dass das lange geforderte Staatssekretariat nun in den Händen eines ziemlich "unbeschriebenen Blattes“ liegt, was die Integrationsproblematik angeht.

Zwar wird dann und wann wohlwollend seine Erfahrung als Mandatar zum Wiener Landtag seit vorigen Herbst angeführt; und auch Kurz’ Tätigkeit in der Jungen ÖVP, deren Bundesobmann er seit fast zwei Jahren ist, wird mitunter in die Waagschale geworfen. Zugleich bleibt aber die Erinnerung an den Wiener Wahlkampf wach, als Kurz im Sinne der Maximierung des medialen Echos mit dem "Geilomobil“ - einem schwarzen Geländewagen - und dem Slogan "Schwarz macht geil!“ antrat, um jugendliche Wähler zu begeistern.

Der Erfolg war mäßig, und die Aktion überstrahlt bis heute ein erfolgreicheres Ansinnen des Jungpolitikers: Die Forderung, Wien möge eine 24-Stunden-U-Bahn einführen, wurde von der SPÖ zumindest an Wochenenden und vor Feiertagen umgesetzt.

Keiner der genannten Fakten prädestiniert Kurz freilich für das Amt, das in der Karwoche ebenso rasch geschaffen wie besetzt worden ist. Mehr noch, wurden frühere Aussagen wie jene, dass in Moscheen nur mehr auf Deutsch gepredigt werden solle, umgehend als disqualifizierend für die neue Aufgabe hergenommen. Kurz selbst bemühte sich in ersten Interviews um Präzisierung: Er habe nie von einer Verpflichtung und noch weniger von damit verbundenen Sanktionen gesprochen.

Rasches Handeln gefordert

Während die FPÖ allein ob der Schaffung des Staatssekretariats für Integration einen "Linksruck“ der Volkspartei sieht und das BZÖ eine personelle Fehlbesetzung attestiert, riefen die Grünen zur Protestkundgebung, die sich unmittelbar an Kurz’ Tätigkeitsfeld aufhängt. Unter dem Motto "Das ist nicht unser Gesetz“ luden sie gemeinsam mit rund 40 Organisationen - u. a. Amnesty International, der Diakonie, der Wiener Integrationskonferenz und der Alevitischen Gemeinschaft Wien - zu Demonstrationen gegen das geplante Fremdenrechtspaket auf.

Dessen Beschluss im Nationalrat war seit Längerem für die Woche nach Ostern anberaumt. Die zentrale Kritik lautet, dass durch Verschärfungen dem Integrationswillen von Migranten entgegengearbeitet werde. So zeigt SOS-Mitmensch auf, dass "im Sprachbereich neue Hürden drohten“, welche "die Aufenthaltssicherheit und das Familienleben von in Österreich lebenden Menschen gefährden“.

Auch bei größter Anstrengung würden nämlich weniger als die Hälfte der Migranten in Österreich das künftig für einen Daueraufenthalt nötige Sprachniveau B1 schaffen, wird unter Berufung auf Hans-Jürgen Krumm vom Institut für Germanistik der Universität Wien festgestellt. Für jene, die diese Prüfung bestehen, seien wiederum die Lernfristen, um auf das Niveau A2 zu kommen, zu kurz bemessen. Dieses werde aber zur Bedingung für eine Aufenthaltsverlängerung.

Im Namen des Vereins M-Media, über den Migranten sich um eine positive Darstellung in österreichischen Medien bemühen, fordern dessen Gründer, die Journalisten Simon Inou und Clara Akinyosoye, Kurz dazu auf, die Integrationsdebatte positiv zu führen. Er solle der "Kriminalisierung und Stigmatisierung von Migranten“ eine deutliche Absage erteilen und "mit Experten in Dialog treten, die selbst Betroffene sind“.

Sprachliche Frühförderung

Das hat Kurz bereits in Aussicht gestellt, der "das positive Zusammenleben“ fördern wolle. In seinem Umfeld - der Staatssekretär wuchs in Wien-Meidling auf, wo er nach wie vor lebt - habe er "oft genug erlebt, wie Integration gelingt“; aber auch, wie es "nicht funktioniert“. Als ersten Ansatz versprach Kurz, die sprachliche Frühförderung zu forcieren, womit er einen zentralen Punkt des ÖVP-Bildungsprogramms anschnitt. Es gelte dort anzusetzen, "wo noch etwas zu gewinnen ist“.

Zweiteilung

"Good cop“ und "bad cop“ würden der Staatssekretär und die Ministerin "sicher nicht“ spielen. Die Aufgabenteilung sei klar: Wer ins Land will, um den kümmert sich Johanna Mikl-Leitner; wer legal da ist, gehört in Sebastian Kurz’ Arbeitsbereich.

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