Jenseits des Gemeinwohls

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Seit Jahrzehnten schrumpft in westlichen Demokratien der Anteil der Bürger, die sich an Wahlen beteiligen, und die usa sind auch in dieser Hinsicht Vorreiter. Österreich galt lange Zeit als positive Ausnahme , seit den letzten Wahlgängen passt es sich an die westeuropäischen Trends an, was von Politologen meist als "Normalisierung" gewertet wird. Aber was ist eigentlich normal daran, dass der Bürger sein wichtigstes Recht, die Auswahl der Regierenden, immer öfter nicht in Anspruch nimmt? Was macht die Bürger und Bürgerinnen so apathisch, so desinteressiert an ihren eigenen Angelegenheiten?

Vielleicht ist einer der Gründe, dass Politik immer mehr zur Angelegenheit von Lobbys und Privatinteressen verkommt und dabei das Sozialgefüge zerbricht, wie Michael Landau von der Caritas gewarnt hat. War in den Anfängen der Demokratie das "gute Leben für alle" das erklärte Ziel politischer Parteien, so entwickelt sich die heutige Demokratie rundum zum Selbstbedienungsladen: ein politischer "Job" (schon der Terminus ist bezeichnend) als Weg zum "guten Leben" für sich selbst, als Weg zur schnellen Selbstbereicherung. Wer den Begriff "Gemeinwohl" verwendet, wirkt da schon antiquiert.

Berlusconi war ein besonders krasses Beispiel dieser neuen, an maximalem Profit für die eigene Tasche orientierten Demokratie, Schröders Gazprom-Job ist ein ebenso bedenkliches Symptom der Verflechtung persönlicher und politischer Geschäfte. Die Milliardenverluste der bawag und die, nicht mit der bawag aufrechenbaren, dennoch dubiosen "Geschäftsbeziehungen" von Ministern wie Gorbach und Grasser erreichen nicht dieselbe Dimension, weisen aber in dieselbe Richtung. Neue Unvereinbarkeitsregeln wären ein erster Schritt für eine notwendige Demokratiereform.

Die Autorin war orf-Redakteurin und Dokumentarfilmerin.

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