Kicken für Papiere

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Den Spielerpass haben die Fußballer des Wiener "FC Sans Papiers" schon in der Tasche. Was ihnen fehlt, ist eine Aufenthaltsgenehmigung.

Samstag Mittag. Auf der Marswiese im Westen Wiens spielt eine Gruppe von 20 Afrikanern trotz Schnee und Eis voll Enthusiasmus Fußball. Schließlich ist Anfang März die Meisterschaft wieder angelaufen - und die dunkelhäutigen Spieler vom Verein "FC Sans Papiers - Die Bunten" wollen auch auf ungewohntem Terrain als Sieger vom Platz gehen.

Seit Mitte der neunziger Jahre ist die Migranten-Bewegung der "Sans Papiers", der Personen ohne gültige Papiere, in ganz Europa tätig. Sie versucht durch unterschiedliche Aktivitäten auf ihr Hauptanliegen aufmerksam zu machen - die Einforderung fundamentaler Rechte wie Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis und medizinische Grundversorgung. In Österreich ist diese Bewegung lange Zeit in den Kinderschuhen gesteckt. Mit der Gründung des "FC Sans Papiers" wurde jedoch im Vorjahr ein erster Schritt gesetzt. Die Mannschaft, deren Spieler aus Mali, Liberia, Nigeria und Sierra Leone stammen und meist über keinen gesicherten Aufenthaltsstatus verfügen, spielt mittlerweile überaus erfolgreich in der Reserveliga der Diözesansportgemeinschaft (DSG).

Für Spielertrainer Uzoma Lawrence Ahamefule und Projektleiter Di-Tutu Bukasa - zugleich wissenschaftlicher Begleiter der Migrantenzeitschrift "Die Bunte Zeitung" - dauert ein Spiel länger als 90 Minuten. Sie sehen ihre Spieler auch als "pressure group": Der gemeinsame Sport soll dabei helfen, Aufmerksamkeit zu erzielen und festgefahrene Mentalitäten aufzubrechen. Mit der Akademie Sans Papiers verfügt der Verein zudem über eine übergeordnete politische Plattform, die einen neuen Gesellschaftsvertrag einfordert. Vor allem die Trennung von politischem und wirtschaftlichem Asylgrund soll aufgehoben werden. Das konkrete Ziel ist eine Generalamnestie aller derzeit "Illegalisierten". Es gilt: Kein Mensch darf illegal sein!

Integration durch Fußball

Um die Chancen der Spieler auch außerhalb des Spielfeldes zu erhöhen und ihnen berufliche Möglichkeiten zu eröffnen, will die Akademie in Zukunft auch Kurse für Deutsch, EDV, politische Bildung und Journalismus anbieten. "Neben den politischen Zielen muss man natürlich auch die kleineren, individuellen Ziele der einzelnen Spieler beachten", ist sich Eva Rados, Organisatorin und Koordinatorin des Vereins, bewusst. "Allesamt haben sie das Gefühl, dass sie von der Gesellschaft ausgeschlossen sind. Fußball ist eine Form der Resozialisierung, wo sie zeigen können, dass sie auch da sind." Insofern bedeutet der Verein für die rund 40 Spieler die Möglichkeit zur Integration - sowohl nach innen als auch nach außen.

Diesen Samstag haben die Kicker jedoch ein leichter fassbares Ziel vor Augen: die Meisterschaft. Bei klirrender Kälte jagen sie über das verschneite Spielfeld - und drippeln den Ball dann und wann ins gegnerische Tor. "Es sind für uns keine idealen Trainingsbedingungen", meint Di-Tutu Bukasa schmunzelnd, "doch damit beweisen wir, dass der Mensch auch in einem ungewohnten Umfeld anpassungsfähig ist."

Informationen unter

www.wien-vienna.at/buntezeitung

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