Es könnte durchaus sein, dass sich schon rein arithmetisch nach den nächsten Nationalratswahlen auch in Österreich nur eine große Koalition ausgeht. Eine Ampel, bei der entweder das bzö oder die fpö dabei ist, ist ja kaum vorstellbar. Aber selbst wenn sich Rot-Grün oder Schwarz-Grün mathematisch ausgehen sollten - könnte eine so gefärbte kleine Koalition wirklich, wie immer behauptet wird, mehr bewegen als die wegen der zuletzt gezeigten Lähmungstendenzen in Misskredit geratene große Koalition?
Eine rot-grüne Regierung würde ihre Wähler ziemlich bald enttäuschen, weil sie keine der in der Oppositionszeit angeprangerten "unsozialen" Reformen rückgängig machen könnte. Die Korrekturen würden sich auf Randthemen (z. B. Studiengebühren) beschränken. Alle Propaganda, die Rot-Grün aufziehen würde, könnte die ideologisch geprägten Kernwähler dieser beiden Parteien nicht darüber hinwegtäuschen, dass die neue Regierung im wesentlichen den Kurs der abgewählten fortsetzt. Die Niederlage bei den folgenden Wahlen wäre programmiert.
Und wie wollten die Grünen in einer Regierung mit der övp erklären, dass sie den bisher abgelehnten "menschenverachtenden" neoliberalen Kurs plötzlich mittragen? Oder umgekehrt die övp, dass sie ihren Reformkurs jetzt verlässt? Bei allem Respekt vor dem Geschick der Semantik-Werkstätten der Parteien: Da zeichnet sich eine Reihe von Elfmetern für die Opposition ab.
Im Prinzip hätten natürlich auch spö und övp in einer großen Koalition einen gewissen Erklärungsbedarf. Aber es macht halt einen riesigen Unterschied, ob auf der Oppositionsbank auch eine der beiden großen Parteien oder fpö, bzö und Grüne sitzen und die Sozialpartner schon im Vorfeld eingebunden werden.
Der Autor ist Generalsekretär des ÖAMTC.
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