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,,Laßt nicht noch einmal Monate verstreichen!"

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dieFurche: Wie soll es nach dieser Wahl, die — wie Anton Pelinka (siehe unten) sagt - nur eine optische Entscheidung war, weitergehen?

Alexander van der Bellen: Als Österreicher wünsche ich mir eine entschlossene und handlungsfähige Regierung. Je eher, je besser. Eine, die nicht noch einmal Monate verstreichen läßt, sondern das Budget 1996 erstellt.

dieFurche: Um gewise Dinge kommt diese Regierung nicht herum Der Finanzsprecher der Sozialdemokraten, Ewald Nowotny (siehe unten), spricht von kurz- und langfristigen Maßnahmen, auch auf der Einnahmenseite.

van der Bellen: Das predige ich schon seit Monaten, daß man zwischen kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen unterscheiden muß. Kurzfristig heißt natürlich erstens das Budget 1996, aber außerdem noch Maßnahmen für 1997 und 1998. Und gleichzeitig muß man diese langfristigen Maßnahmen im Bereich Öffentlicher Dienst, Gesundheitsreform, Spitäler und Pensionen angehen. Aber das wirkt sich zum geringsten Teil fiskalisch aus. Im Gegenteil. Wir haben da ein, zwei Re-formnfaßnahmen sicherlich, die am Anfang eher kostentreibend wirken. Zum Beispiel die an und für sich sinnvolle andere Lebenseinkommensverteilung im Öffentlichen Dienst, daß man die Anfangsgehälter hebt, aber dann den Anstieg abschwächt.

dieFurche: Ohne Maßnahmen auf der Einnahmenseite wird nichts gehen.

van der Bellen: Ich bin ein bißchen deprimiert, daß Minister Ditz sich noch Ende Oktober in der Beziehung ganz eindeutig geäußert hat, beim Interview in der Wirtschaftswoche beispielsweise dann offensichtlich einen Maulkorb bekommen hat.

dieFurche: Auch der von der ÖVP gern als Zeuge genommene Professor Streissler denkt in diese Richtung.

van der Bellen: Diese Maßnahmen könnten ja befristet sein. Aber für 1996 bis 1998 sehe ich keinen anderen Weg.

dieFurche: Wohin steuert Österreich jetzt?

van der Bellen: Ich kenn' ehrlich gesagt die OVP noch nicht gut genug, um zu sagen, wie die jetzt mit dieser Situation umgehen. Im Grunde genommen ist die ÖVP in meinen Augen ja neben den Grünen der große Verlierer dieser Wahl. Sie hat kein Ziel erreicht. Trotzdem hat sie natürlich ein Fetzerl der Option schwarzblau noch in der Hand. Auf der anderen Seite, wenn ich ein Roter wäre, dann würde ich es ehrlich gesagt darauf ankommen lassen, denn es ist eine große Frage, ob bei dieser Option die schwarzen Abgeordneten aus dem Westen Österreichs - die Tiroler beispielsweise - mitgehen würden. Das steht in den Sternen. Und mir haben etliche ÖVP-Abgeordnete, speziell aus Tirol, gesagt, daß sie das unter keinen Umständen mitmachen würden. Und damit wäre diese Option schon dahin. Also so schlecht sind die Karten von Vranitzky nicht.

dieFurche: Wzn wünschen Sie sich als nächsten Finanzminister?

van der Bellen: Ich habe nichts persönlich gegen Staribacher, er ist ein netter und umgänglicher Mensch. Aber ich glaube nicht, daß es das richtige Signal wäre, mit Staribacher weiterzumachen. Das wird ein Problem werden. Umgekehrt kann ich mir nicht vorstellen, wie die ÖVP den Ditz durchsetzt. Diese leichte Italienisie-rung der Verhältnisse ist durch den Wahlausgang schon eingetreten.

Mit dem Wirischaftssprecher

der Grünen sprach Franz Gansrigier.

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