Laut, lauter, am... ...Kampagne

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Von der spontanen Katastrophenhilfe bis zum mehrjährigen Entwicklungshilfe-Projekt: Ohne öffentliches Bewusstsein dafür geht nichts

Erst der Tsunami, jetzt das Erdbeben in Südasien. Hungersnöte in Afrika, Fluten in Guatemala - Krisen überall: "Ein gewaltiger Job", nennt das Elizabeth Byrs, die Sprecherin des uno-Koordinierungsbüro für humanitäre Hilfen (Ocha) in Genf, der zunächst einmal im Auftreiben von gewaltig viel Geld besteht. Die Erde war Anfang letzter Woche in Pakistan und Indien noch nicht zur Ruhe gekommen, richtete Ocha schon einen Blitzappell an die Geberländer, mindestens 226 Millionen Euro für die Erdbebenopfer zu überweisen.

"Aceh nicht vergessen"

Doch die so genannten Geberländer geben sich derzeit vor allem zugeknöpft. Die eu entschuldigt sich als Ganzes: Ohne Budget sind nur wenige konkrete Hilfszusagen möglich. Eine Geberkonferenz am kommenden Montag soll nun Schwung ins Erdbeben-Spendenkarussell bringen, hofft Elizabeth Byrs: "Wir fühlen mit den Menschen, sie erwarten unsere Hilfe - und wir helfen, auch wenn es manchmal an die Grenzen geht."

Dass sich Hilfe erschöpft, ist auch die konkrete Befürchtung derer, die nach dem Erlöschen des medialen Scheinwerferlichts auf Unterstützung angewiesen sind. Bei allem Mitgefühl mit den Erdbebenopfern in Pakistan und Indien hofft in diesem Sinn der Direktor der Nationalen Wiederaufbaubehörde von Aceh und Nias, Kuntoro Mangkusubroto, dass sein vom Tsunami zerstörtes Land "nicht im nächsten Jahr schon wieder von der Agenda verschwunden ist". Im Gespräch mit der Furche lobt Mangkusubroto die Erfolge beim Wiederaufbau, lobt die Effizienz der Hilfsorganisationen, "die jetzt wissen, wo es lang geht, weil wir ihnen die Richtung geben" und will mit seinen Lobbying-Reisen nach Brüssel und in andere europäische Hauptstädte vor allem daran erinnern: "Dass der Wiederaufbau nicht in ein, zwei Jahren erledigt sein wird, dass wir weiter auf Hilfe angewiesen sind."

Entwicklungshilfe lässt sich insofern auch als Katastrophenhilfe vor der (nächsten) Katastrophe beschreiben: Indem die Häuser in erdbebengefährdeten Gebieten sicher(er) gebaut, in Dürregebieten Bewässerungssysteme errichtet und Hochwasserschutzmaßnahmen in von Überschwemmung gefährdeten Landstrichen gesetzt werden. Im Unterschied zu aktuellen Naturkatastrophen, die mit dramatischen wie tragischen Bildern die absolute Notwendigkeit von Hilfe verdeutlichen können, fehlt es dieser "Katastrophenhilfe vor der Katastrophe" aber oft an Überzeugungskraft.

Kardinal als Briefträger

Dadurch kann mitunter das Problem entstehen, dass Hilfsorganisationen "zuviel" zweckgebundene Spendengelder für mediale Katastrophen-Großereignisse haben, während es bei wenig spektakulären Entwicklungshilfe-Projekten an Geld fehlt. Und dadurch kann mitunter für Hilfsorganisationen auch der Druck wachsen, bei medialen Katastrophen-Großereignisse mitmachen zu müssen, um mit der eigenen Hilfsmarke präsent zu sein - selbst wenn die Expertise in dieser oder jener Region nicht so groß ist.

Um der "stillen" Entwicklungszusammenarbeit Gehör zu verschaffen, braucht es Kampagnen: Je origineller, umso besser und am besten, wenn damit - siehe weiße Gummihandbänder für die "Stopp-Armut-Kampagne" - sogar ein neuer Modetrend geschaffen wird. Seit dem Weltarmutstag am Montag dieser Woche steht in der Wiener uno-City beispielsweise ein von "Jugend eine Welt" errichtetes Fußballtor, in dem man die Millenniums-Entwicklungsziele treffen kann. Den dazu passenden "Millenniumgoal-Ball" hat letzte Woche Kardinal Rodríguez aus Honduras an Bundespräsident Heinz Fischer mit der Bitte um Unterstützung überreicht (siehe Interview Seite 9). Zuvor schleppte der entwicklungspolitisch engagierte Kardinal von 31.393 Österreichern unterschriebene Postkarten mit der Aufschrift "Haltet Wort - Stoppt die Armut" ins Bundeskanzleramt.

Mittlerweile hat sich sogar das Wiener Rathaus ein weißes Stopp-Armut-Band umlegen lassen - doch originelle Ideen hin, prominente Unterstützer her, letztlich misst sich der Erfolg jeder Kampagne an dem, was politisch umgesetzt wird. Oder wie sagt es der deutsche Pop-Sänger und Life8 Unterstützer Herbert Grönemeyer: "Wir sind nicht die besseren Politiker. Wir sind die Trommler, die die Politiker unter Druck setzen."

Nächste Woche Teil 3:

"Frauen unterstützen -

Entwicklung sichern".

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