Lepra: Wenig Geld kann viel Hilfe bringen

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Thailand, der "kleine Tiger", ist krank. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesundheitlich hat das ostasiatische Land große Probleme: die höchste Aids-Rate der Welt und - noch immer Zehntausende Leprakranke.

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Thailand, der "kleine Tiger", ist krank. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesundheitlich hat das ostasiatische Land große Probleme: die höchste Aids-Rate der Welt und - noch immer Zehntausende Leprakranke.

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Noch immer verbannen Angst und Aberglaube die Leprakranken aus der Familie und der Dorfgemeinschaft. Sie gelten als von Gott verflucht und ziehen den Fluch an. Wer von der Krankheit gezeichnet ist, wird ausgestoßen, auch wenn er schon längst geheilt ist. Angst vor Ansteckung ist auch schuld daran, daß die Behandlung verschleppt wird - bis es zu spät ist. Dann bleibt keine andere Möglichkeit, als in der Einsamkeit der Berge oder in den Slums der Großstädte unterzutauchen und sein Leben von Almosen zu fristen. In Thailand und in vielen anderen Elendszonen der Welt.

Der Bazillus Mycobacterium leprae greift den Menschen auf verschiedene Weise an. Einmal in Form der tuberkuloiden Lepra, die am meisten verbreitet und nicht ansteckend ist. Dann in der lepromatatösen Form. Das ist die charakteristische Lepra mit weißen Flecken auf der Haut und Beulen auf Gesicht, Händen und Füßen, die mit Millionen von Bazillen gefüllt sind, die ansteckende Lepra, die zur Erblindung führt und den Menschen am stärksten deformiert. Übertragen wird die Lepra durch Hautkontakt, Speichel oder Tröpfcheninfektion. Die Inkubationszeit liegt in der Regel zwischen zwei und drei Jahren.

Wichtig ist die Früherkennung Konnte man früher die Lepra durch eine langjährige Behandlung mit DDS (Diaminodiphenylsulfon) wenigstens zum Stillstand bringen, so hat die Leprabekämpfung in den letzten Jahrzehnten dank der modernen Kombinationstherapie enorme Fortschritte gemacht. Medikamente wie Dapson, Rifampicin und Clofazimin vermögen heute die uralte Geißel der Menschheit sogar zu heilen. Dank der Früherkennung geht auch die Zahl der Neuerkrankungen massiv zurück. Das zeigt der Blick auf Thailand: 1972 rechnete man hier noch mit 200.000 Leprakranken, von denen rund ein Viertel in medizinischer Behandlung stand. 1985 waren es noch 90.000 - knapp die Hälfte war in Leprosarien erfaßt. Heute dürfte es noch 40.000 bis 50.000 Leprakranke in Thailand geben, von denen zwei Drittel in Behandlung stehen.

Von dem großen Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Lepra bis zum Jahr 2000 auszurotten, ist man freilich noch weit entfernt. Angesichts einer äußerst hohen Dunkelziffer ist heute noch immer mit weltweit mehr als zwölf Millionen Leprakranken zu rechnen - in 60 verschiedenen Ländern.

Lepra ist eine Krankheit der Armut. Sie gedeiht dort, wo es den Menschen schlecht geht: Hunger, Unterernährung, mangelnde Hygiene, schmutziges Trinkwasser, Bedingungen, wie sie vor allem in den Elendszonen Südostasiens, Afrikas und Lateinamerikas herrschen, bilden den idealen Nährboden. Der Kampf gegen Lepra muß deshalb Hand in Hand gehen mit dem Kampf gegen die Armut. Solange es diese große Armut in der Welt gibt, wird es auch Lepra geben.

Ein wichtiger Schritt in der Bekämpfung der Lepra war 1954 die Einführung des Weltlepratages durch den französischen Journalisten Raoul Follereau. Eine Reihe großer Organisationen hat sich seiner Initiative angeschlossen. Darunter auch die Kamillianer, ein 1591 von Kamillus von Lellis gegründeter Krankenpflegeorden der katholischen Kirche.

In Thailand drei Dörfer für Leprakranke In Thailand ist der Kamillianerorden seit 1952 tätig. Neben zwei Krankenhäusern, einem Aidszentrum und mehreren Gesundheitsstationen unterhält der Orden drei Dörfer für Leprakranke, in denen auf verschiedenen Ebenen professionell geholfen wird.

1. Das Lepradorf Kokwhat, hundert Kilometer östlich der Hauptstadt Bangkok, 1960 gegründet. Leiter ist Kamillianerpater Rino Metrini. Kokwhat ist ein Zentrum für 160 Leprakranke, die dort mit ihren Familien in kleinen Häusern leben und, soweit möglich, in der Landwirtschaft, Küche oder Krankenpflege gegen Bezahlung mitarbeiten. Zugleich werden noch einmal soviel Leprakranke von außerhalb ambulant betreut und mit den notwendigen Medikamenten versorgt. Die Familie ist der beste Platz für den Leprakranken, der nicht mehr in der ansteckenden Phase seiner Krankheit ist. Die Anwesenheit der Kinder und der übrigen Familienmitglieder läßt ihn mit seiner Krankheit besser fertig werden und an der Behandlung ernsthaft mitwirken. Bei einer Verschlechterung muß er seine Familie verlassen. Patienten mit einem neuen Krankheitsschub und akuter Behandlungsbedürftigkeit werden in zwei Pavillons untergebracht und medizinisch versorgt.

2. Das nach einem österreichischen Kamillianer benannte Peter-Bolech-Dorf bei Chom Bung - Provinz Ratchaburi im Westen Thailands. Dabei handelt es sich um ein Dorf für geheilte Leprakranke, das 1984 mit massiver Hilfe aus Österreich erbaut wurde.

Gerade die von der Lepra gezeichneten, aber geheilten Patienten brauchen besondere Hilfe, weil sie in der Familie, in der Nachbarschaft, in der Gesellschaft allgemein nicht angenommen werden. Ihnen gilt die besondere Sorge von Kamillianerbruder Victoriano Altaba. Vorbildlich gestaltet er hier die Integration geheilter Leprapatienten in die Gesellschaft als selbständige Kleinbauern mit eigenem Haus.

3. Das Lepradorf Sri Vichien im berüchtigten Goldenen Dreieck in Nordthailand, Provinz Chiang Mai. Hier leben 68 Familien aus Thailand, Burma und Laos, bei denen mindestens einer leprakrank ist. Jeden Monat werden die 150 Kinder des Dorfes von Kamillianerbruder Gianni dalla Rizza auf Symptome von Lepra und anderen Krankheiten untersucht. Wer Lepra nicht als Kind bekommt, hat gewöhnlich genug Abwehrkräfte und wird auch später nicht krank. Zudem führt die Früherkennung dazu, daß Leprakranke in relativ kurzer Zeit vollständig geheilt werden.

Die größte Gefahr ist, daß die Kinder wegen der eingeschränkten Lebensmöglichkeiten in den Dörfern in die Drogenszene und die Prostitution abwandern. Deshalb versuchen die Kamillianer, den Kindern eine Basisausbildung zu vermitteln, damit sie später die reguläre Schule besuchen können. Dazu gehört auch das Erlernen der siamesischen Sprache (viele von den Bergbewohnern sprechen nur Dialekte), die Ausstellung von Geburts- und Staatsangehörigkeitsurkunden und so weiter. 300 Kinder der Bergbevölkerung und 65 Kinder von Leprakranken nehmen an dem Programm teil, das vor kurzem durch die Einrichtung einer eigenen Dorfschule erweitert wurde. Mit diesen Angeboten sollen die Kinder bessere Entfaltungsmöglichkeiten erhalten, damit sie nicht in den Teufelskreis von Drogen und Prostitution geraten.

Weltweit wird Hilfe benötigt Thailand ist nur ein Beispiel für die wirksame Arbeit der Kamillianer im Kampf gegen die Lepra. Auch Indien und Laos könnte man nennen. In China wird gerade in diesem Jänner ein neues Lepradorf eröffnet. Oder in Afrika: Benin, Madagaskar und Kenia oder in Lateinamerika Brasilien. An vielen Orten der Welt haben die Lepraspezialisten der Kamillianer aus christlicher Verantwortung heraus den Kampf gegen die Lepra aufgenommen. Möglich war dies nur dank der großen Hilfsbereitschaft, die der Orden bisher bei Freunden und Wohltätern in der österreichischen Bevölkerung gefunden hat.

Doch wir müssen weiterhelfen, bis auch der letzte Leprakranke geheilt ist. Deshalb bitten die Kamillianer erneut um Hilfe für: n Medikamente und Verbandmaterial. Lepramedikamente sind teuer. Die Heilung eines Leprakranken kann - je nach Schwere der Krankheit und Dauer der Behandlung - bis zu 2.000 Schilling kosten. Jeder Schilling trägt zur Heilung vieler bei.

n Prothesen und orthopädisches Schuhwerk - notwendige Hilfen, damit der Kranke wieder selbständig wird und etwas zu seinem Lebensunterhalt beitragen kann. Zugleich gibt die Prothesenherstellung vielen Kranken Arbeit und Brot. Eine einfache Prothese kostet im Durchschnitt 500 Schilling, ein Rollstuhl bis zu 5.000 Schilling.

n Informationskampagne über Hygiene und gesunde Ernährung sowie Ausbildung von Lepraspezialisten - ein Schwerpunkt der kamillianischen Gesundheitsdienstes. Nur durch Aufklärung und Verbesserung der Lebensbedingungen ist das Ziel erreichbar: vollständige Ausrottung der Lepra.

Zum Thema: Info über Leprahilfe Information über diese Aktion gibt es unter folgenden Nummern: Telefon 01/535 12 87-0; Fax 01/535 31 71 (Superiorenkonferenz) Projektpartner in Thailand: Kamillianerbruder Gianni dalla Rizza 423 Soi Thong Loh Sukhumvit 55 Road, Bangkok 10110, Thailand Tel. 00662/391 01 36, Fax 00662/381 18 43 Konten: PSK Wien Nr. 2482.200, BLZ 60000 Raiba Wien Nr. 2.317.352, BLZ 32000 Schelhammer & Schattera Nr. 165.290, BLZ 19190 Kennwort: Thailand

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