Meinen Iran gibt es nicht

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Die armen Iraner und die noch ärmeren Iranerinnen und die ganz armen Reformpolitiker auf der einen, der guten Seite - und auf der anderen Seite die bösen Konservativen, die noch böseren islamischen Fundamentalisten und der ganz böse Wächterrat: so schaut's aus im Iran, besser gesagt, so schaut's aus, mein Bild vom Iran. Und dann finden Wahlen statt, am letzten Sonntag, und am Montag war klar: so schaut's nicht aus im Iran, mein Bild vom Iran ist falsch.

Wie ich da draufgekommen bin? Die Abstimmung mit den Füßen fand nicht statt - in keine Richtung hin: weniger sind daheim geblieben, als die Reformer erhofft hatten; weniger sind zur Wahl gegangen, als die Hardliner geglaubt hatten - halbe/halbe, gut 50 Prozent Wahlbeteiligung und die überwältigende Mehrheit der Parlamentssitze für die Konservativen; dieses Wahlergebnis zerstört mein Iran-Bild, das bislang davon ausgegangen ist, dass eine kleine rückwärts gewandte Clique die große reformorientierte Masse in Schach hält.

So ist es aber nicht: Die Iranerinnen und Iraner haben auch gegen die Reformer votiert, weil es diesen nicht gelungen ist, in den letzten Jahren eine funktionierende Wirtschaft und eine effiziente Verwaltung aufzubauen. Die Iranerinnen und Iraner haben auch für die Konservativen gestimmt, weil sie ihnen größere Wirtschaftskompetenz zutrauen, weil auch unter ihnen nicht nur fundamentalistische Hinterwäldler, sondern Akademiker, Techniker, Fachleute und Intellektuelle sich befinden.

Mein Bild vom Iran stimmt nicht mehr - ein neues ist erst im Entstehen. Das "Modell China", ist zu lesen, soll für den neuen Iran Pate stehen: Liberalisierung der Wirtschaft bei ideologischer Härte. Die Wahlsieger, heißt es, nennen sich gerne "Neokonservative". Und von den Reformern sagt man, sie denken über eine neue Taktik nach - ja, so schaut's aus im Iran.

wolfgang.machreich@furche.at

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