
Michael Häupl über ÖVP-Gerüchte, Schwächen der SPÖ und Kickls Hetze
Wiens Altbürgermeister Michael Häupl über selbstgerechte „Bobos“, die ÖVP-„Giftküche“, kommunikative Schwächen der SPÖ und den langwierigen Versöhnungsprozess, der vor uns liegt.
Wiens Altbürgermeister Michael Häupl über selbstgerechte „Bobos“, die ÖVP-„Giftküche“, kommunikative Schwächen der SPÖ und den langwierigen Versöhnungsprozess, der vor uns liegt.
Mit einer Amtszeit von 23 Jahren, sechs Monaten und 16 Tagen ist Michael Häupl der längstdienende demokratisch gewählte Bürgermeister in der Geschichte Wiens. 1977 promovierte der studierte Biologe im Teilgebiet der Zoologie. Das Phänomen der Zoonose, welche als Ursprung der Coronapandemie gilt, war damals auch in Wissenschaftskreisen noch relativ unbekannt, erzählt er.
Zum „Krisengespräch“ trifft DIE FURCHE den heutigen Präsidenten der Organisation „WWTF - Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds“ in seinem Büro in Wien-Alsergrund. Alle Anwesenden sind geimpft, PCR getestet und tragen FFP-2-Maske. Zum Interview entschließt man sich, die Maske abzunehmen und hält stattdessen den nötigen Sicherheitsabstand ein. „Ich bin vorsichtig, aber nicht hysterisch“, sagt der 72-Jährige.
DIE FURCHE: Herr Häupl, seit 21 Monaten herrscht Ausnahmezustand. Wie erleben Sie die Krise?
Michael Häupl: Mein persönlicher Ausnahmezustand dauert schon etwas länger als die Pandemie. 2019, kurz nach meinem 70. Geburtstag, wurde bei mir Nierenkrebs diagnostiziert. Ich lag drei Wochen auf der Intensivstation, verbrachte Monate im Spital. Danach habe ich noch einmal drei Monate gebraucht, um wieder auf den Damm zu kommen. Die OP war ein Erfolg, heute ist alles in Ordnung. Aber: Als es mir nach dieser Zeit erstmals besser ging, ich mich wieder ins Geschehen hätte stürzen können, ist der erste Lockdown gekommen. Das Gefühl, aus dem Verkehr gezogen zu werden, hatte ich so erneut.
Wenn man seiner unmittelbaren Kontakte beraubt wird, ist das ein Erlebnis, das mich sehr beeindruckt hat. Um es freundlich zu formulieren. Der direkte Kontakt zu meinen Mitmenschen, das ist etwas, das mich ausmacht. Und das ist es auch, was mir am meisten fehlt und gefehlt hat. Der aktuelle Lockdown ist zwar etwas leichter zu ertragen – ich bin dreimal geimpft, gehe zweimal in der Woche testen – aber ernst nehme ich ihn trotzdem. Aus Solidarität. Mit dem Krankenhauspersonal. Nicht mit den Ungeimpften. Die empfinden uns gegenüber auch keine Solidarität.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!
