Mittel, niemals Zweck

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Die Debatte um die Abfangjäger, aber auch das Anliegen des aktuellen Volksbegehrens greifen zu kurz. Zuerst muss man die Einsatzziele für diese Flieger definieren, dann erst kann über die Type gestritten werden.

Dieser Tage findet ein Volksbegehren statt, das anstrebt, per Verfassungsgesetz die Fortführung des zwei Milliarden Euro teuren Kaufs von Abfangjägern zu untersagen. Bekanntlich hat die Bundesregierung ihre Wahl für ein Nachfolgemodell der 30 Jahre alten Saab Draken getroffen: Mit dem europäischen EADS-Konsortium werden exklusive Vertragsverhandlungen zur Beschaffung von 24 Eurofightern "Typhoon" aufgenommen.

Erwartungsgemäß trifft die Beschaffung im Allgemeinen und die Typenwahl im Besonderen auf massive Kritik von Opposition und dem auflagenstarken Kleinformat. Von Seiten des Verteidigungsministeriums wird demgegenüber immer wieder auf verfassungs- und völkerrechtliche Verpflichtungen Österreichs zur Aufrechterhaltung seiner Souveränität - auch über den eigenen Luftraum - hingewiesen. Und tatsächlich verpflichtet vor allem das Neutralitätsgesetz von 1955, dessen Nennung jedoch geflissentlich vermieden wird, dazu, es zu verhindern, dass Kriegführende österreichisches Territorium (das den Luftraum mit umfasst) für ihre Zwecke nutzen.

Ein Mittel der Luftraumsicherung neben anderen ist zweifellos der Einsatz von Abfangjägern. Doch selbst wenn man diese Komponente zur Luftraumüberwachung und -verteidigung als unentbehrlich ansieht, ist eine breite Diskussion um die erforderliche Anzahl dieser Geräte nötig, ja unumgänglich.

Unter Berücksichtigung der geographischen Dimensionen (Größe des österreichischen Staatsgebiets) und geostrategischen Eckpunkte (Österreich ist ausnahmslos von befreundeten Staaten umgeben) sind sechs bis acht Flugzeuge zur aktiven Kontrolle des österreichischen Luftraumes sicherlich ausreichend, Ersatzmaschinen noch nicht eingerechnet. Neben gesicherter Kennung, Kontaktaufnahme und Begleitung im Luftraum, würde durch diese Anzahl an Flugzeugen auch das einschlägige technische Know-How für Österreich gewahrt bleiben.

Für internationale Aktionen?

Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung stellt sich die Frage, warum die österreichische Bundesregierung gleich 24 Abfangjäger anschaffen will, ja ursprünglich gar den Kauf von 32 Maschinen ins Auge gefasst hat. Ein Motiv für die Anschaffung einer größeren Zahl von Abfangjägern kann die beabsichtigte Einbringung in internationale Militäraktionen sein. Und tatsächlich wird immer öfter offen ausgesprochen, dass österreichische Flugzeuge - an Stelle österreichischer Soldaten - als Posten zur Luftraumüberwachung über dem Irak bis hin zu Militärschlägen im Krieg gegen den weltweiten Terrorismus zur Verfügung gestellt werden könnten.

Wozu Offensivwaffen?

Dieses beklemmende Szenario einer auf solche Art verstandenen "internationalen Solidarität" erscheint bei näherer Betrachtung der österreichischen Typenwahl überaus realistisch. Der Eurofighter "Typhoon" ist ein echtes multifunktionales Kampfflugzeug. Nach Herstellerangaben ist es optimiert für die Luft-Boden-Fähigkeit und mit außerordentlichen Waffensystemen ausrüstbar, die zu allen möglichen Zwecken, nur nicht zur Überwachung des nationalen Luftraumes nützlich sein können.

So dient der Eurofighter als Trägerplattform für lasergesteuerte Bomben (bekannt aus den Kriegen im Irak, um den Kosovo und in Afghanistan) und sogenannte "Cluster-Bomben". Letztere tragen Hunderte von weiteren Bomben in sich und können ein Gebiet in der Größe von einem Dutzend Fußballfeldern zerstören. Unvermeidliche Blindgänger haben dabei eine Wirkung vergleichbar der von Anti-Personen-Minen. Weiters befindet sich für den Eurofighter die "Taurus-cruise-missile", ein Luft-Boden-Lenkflugkörper, in Entwicklung. Zum Geleiten fremder Flugzeuge aus dem österreichischen Luftraum sind diese für Offensivwaffen ausgelegten Systeme jedenfalls nicht von Nöten, eher schon zur Bekämpfung von Bodenzielen in Interventionskriegen.

Die jüngste Entwicklung, beschleunigt durch den 11. September, hat gezeigt, dass in Zukunft weniger Bündnismitgliedschaften, denn geostrategische Erwägungen und militärische Fähigkeiten für die internationale militärische Kooperation ausschlaggebend sein werden. Die USA gehen im "Krieg gegen den Terrorismus" immer häufiger Koalitionen mit den dazu "Fähigen" und "Willigen" ein. Mit dem Eurofighter ist Österreich gerüstet, und am Willen, das teuer erworbene Gerät auch effizient einzusetzen, wird es - so ist zu befürchten - auch nicht scheitern.

Was ist Ziel des Einsatzes?

Dies führt hin zum Grundproblem der österreichischen Debatte um die Abfangjäger. Vergessen oder bewusst verdrängt wird, dass Abfangjäger Mittel sind, aber niemals selbst Zweck. Vorrangig muss also das Ziel ihres Einsatzes klar bestimmt werden. Hier greift auch der Ansatz des Volksbegehrens gegen die Anschaffung der Eurofighter zu kurz. Was primär anstehen würde, wäre eine klare Definition der Einsatzzwecke, sowohl für das österreichische Bundesheer insgesamt als auch für allfällig zu beschaffende Abfangjäger. Geht es um die Luftraumsicherung über Österreich oder geht es um die Teilnahme an einer EU-Territorialverteidigung oder gar um die Beteiligung an weltweiten, oft völkerrechtlich sehr zweifelhaften Militäraktionen? Am Ergebnis dieser - auf breiter Basis zu führenden - Grundsatzdiskussion müssen dann die je erforderlichen Mittel ausgerichtet werden. Ansonsten wird - bewusst sogar? - das Pferd von hinten aufgezäumt. Das aber führt in die falsche Richtung, auch wenn das Pferd wie in diesem Fall eindrucksvoll "Typhoon" heißt.

Der Autor ist Staff Scientist am Institut für Europarecht, Johannes Kepler Universität Linz.

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