Nach Haiders Triumph

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Unter einem Landeshauptmann Haider könnte Kärnten zur Versuchsstation einer österreichischen Variante des bayrischen Erfolgsprogramms "Laptop und Lederhose" werden.

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Unter einem Landeshauptmann Haider könnte Kärnten zur Versuchsstation einer österreichischen Variante des bayrischen Erfolgsprogramms "Laptop und Lederhose" werden.

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Am 7. März 1999 siegten in drei Landtagswahlen verschiedene Versionen des österreichischen Konservativismus. Die Ergebnisse mögen regional unterschiedliche Ursachen haben, aber sie sind alle Ausdruck einer Botschaft: der Sehnsucht nach Stabilität.

Das klingt nur aufs erste paradox. Auch das Kärntner Votum für die FPÖ zielt nicht auf Veränderung, sondern auf die Erhaltung des Status quo. Gewählt wurde eine Figur, die den Wählern nicht die Öffnung und Europäisierung, sondern das Recht auf die eigene unantastbare Welt versprach. Das schließt den häufigen Gebrauch des Wortes "Modernisierung" nicht aus, wie alle Reden von Haider und Westenthaler in der Wahlnacht beweisen. Was darin zutage tritt, ist eine Weltvorstellung, für die der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber den Slogan von "Laptop und Lederhose" geprägt hat.

Die heute in Europa siegreiche Rechte hat eine zumindest bisher erfolgreiche Strategie entdeckt: Alle sozio-ökonomischen Umwälzungen durch den modernen Kapitalismus sind möglich und durchsetzbar, solange die Betroffenen aufgefangen werden in einem kulturellen Umfeld, das den Eindruck von Kontinuität, von "Heimat" vermittelt. Und Heimat heißt mehr denn je Ausschluß der anderen: der Ausländer, der Anderssprachigen, der Konkurrenten. Als wäre die entgrenzende Kraft kapitalistischen Wirtschaftens damit aufzuhalten.

Wird Haider zum Landeshauptmann, dann wird Kärnten zur Versuchsstation dieser Politik in ihrer spezifisch österreichischen Variante. Daß dies in Kärnten gelingen kann, hat seine Ursache auch in der vergangenen sozialdemokratischen Alleinherrschaft, in der reaktionäre Haltungen im Unterschied zur Bundesebene immer schon salonfähig waren. Dazu kommen ganz unverständliche sozialdemokratische Versäumnisse, Kärnten zu modernisieren. Wen wundert es da noch, daß die Öffnung Sloweniens nicht zu Kooperation, sondern zu Abwehr einer Bedrohung führt. Wird Kärnten damit auch zur Versuchsstation einer verhinderten Osterweiterung?

Seit geraumer Zeit erfolgt die politische Auseinandersetzung in Kärnten wie auf Bundesebene zwischen der SPÖ und der "Neuen Rechten". Die ÖVP spielt darin nur mehr eine untergeordnete Rolle. Die Sozialdemokratie hat von diesem Spiel bisher stets profitiert, konnte sie sich doch immer wieder als letztes Bollwerk gegen den Rechtsruck des Landes stilisieren. Zum Schaden der Grünen und Liberalen, was immer deren eigene Schuld an ihrem Mißerfolg sein mag. Da die FPÖ mit dem Kärntner Sieg im Rücken wie der Phönix aus der Asche in die Nationalrats- und Europawahlen geht, wird die SPÖ erneut diese Karte ziehen. Die Sozialdemokratie wird dies wie bisher in einer Mischung aus inhaltlicher wie ästhetischer Anpassung an die FPÖ und einer Moralisierung der politischen Debatte tun. Und sie wird damit gewinnen. Wahrscheinlich weniger zu Lasten der FPÖ, als zu Lasten der ÖVP und der beiden Kleinparteien. Dies wird, den Willen der ÖVP vorausgesetzt, die Kontinuität der Großen Koalition festigen.

Dabei ist der unaufhaltsame Fortschritt des FPÖ-Erfolges nicht unbedingt garantiert. Wird Haider Landeshauptmann, so ist er zumindest als Kandidat für eine Bundesfunktion nicht verfügbar. Die personelle Schwäche der FPÖ würde damit offenkundig. Dies bliebe nicht ohne Folgen. Es könnte ein Akt der politischen Klugheit sein, Haiders Wahl zum Landeshauptmann nicht zu verhindern. Das Risiko wäre auch überschaubar. Schließlich könnte ihn der Landtag noch immer abwählen, wenn er den Boden der demokratischen Kultur verlassen sollte.

Die Autorin ist Leiterin der Forschungsstelle für institutionellen Wandel und europäische Integration an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

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