Nachhaltig wie Bassenatratsch

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Die Konsequenzen aus den U-Ausschüssen verortet Peter Filzmaier am "absoluten Nullpunkt". Und ohne tief greifende Reform bleiben diese Ausschüsse "tragikomische Schauplätze für Worthülsen".

Nach Artikel 53 der Bundesverfassung kann der Nationalrat Untersuchungsausschüsse einsetzen. Zu deren Ergebnis könnte man in Abwandlung eines Sprichworts sagen: "Guat is ned ganga, oba gschehn is nix!" Über die Banken und deren Aufsicht gab es zuletzt den mündlichen Bericht des Vorsitzenden. Das hat die Nachhaltigkeit eines Bassenatratsches.

Bei den Eurofightern führten 48 Sitzungen mit 430 Stunden und 108 Zeugen sowie 6100 Protokollseiten zum technischen Hauptbericht. Ohne inhaltliche Schlussfolgerung. Dafür bedurfte es mehrerer Berichte von Minderheiten plus abweichende Stellungnahmen. Die formalen Konsequenzen entsprechen dem absoluten Nullpunkt.

Nun will das Geschäftsordnungskomitee des Nationalrats solche Ausschüsse in allen EU-Staaten evaluieren. Das beeindruckt den verständnislosen Bürger wenig. Die Parlamentsdirektion hat bereits 2006 auf 23 Seiten Literaturempfehlungen zu solchen Ausschüssen aufgelistet. Inklusive Problemanalysen, welche offenbar kein Politiker lesen wollte.

Agent zum eigenen Vorteil

Aus politikwissenschaftlicher Sicht müsste nach der Prinzipal-Agent-Theorie der Prinzipal Nationalrat den Ausschuss als Agenten einsetzen. Der Agent hätte sich als Kollegialorgan voll und ganz für die Erfüllung des Auftrags der Untersuchung einzusetzen. Ohne eigene Absichten zu verfolgen.

In Wahrheit ist jedes Ausschussmitglied ein Agent für sich, der seinen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal für seine Zwecke nutzen will. Meistens sind das parteipolitische Ziele jenseits der Ausschussarbeit. Zum Beispiel geht es darum, Partei X kommunikationspolitische Vorteile zu verschaffen beziehungsweise Partei Y den entsprechenden Schaden zuzufügen. Das daraus resultierende Handeln hat mit der Idee von Untersuchungsausschüssen nichts zu tun.

Ausschüsse als Minderheitenrecht wären daher bestenfalls eine halbe Lösung. Natürlich könnte so die Opposition als Teil ihrer Kontrollfunktion einen Untersuchungsausschuss einberufen. Sie muss nicht auf den Glücksfall unklarer Koalitionsverhältnisse hoffen. Erst das hat ja eine rot-blau-grüne Allianz für den Banken- und Eurofighter-Ausschuss ermöglicht.

Medienspektakel zuerst

Demokratiepolitisch klingt das verlockend. Doch im Regelfall ändert sich nichts am Scheitern aller Berichte, welche gegenüber der Regierung kritisch sind. Letztlich ist deren Mehrheit stabil und für ein Niederstimmen der Opposition ausreichend. Weil das alle Oppositionellen wissen, werden sie nach dem skizzierten Agentenschema den Ausschuss von Anfang an zum Medienspektakel machen.

Im Grunde greift die Debatte über eine Reform der Ausschüsse zu kurz. Will man sie nicht zu tragikomischen Schauplätzen eines Schusswechsels von Worthülsen und Abstimmungsmaschinerien entlang der Parteilinien machen, müsste der Klubzwang abgeschafft, unsere Parteiendemokratie radikal geschwächt und über eine Wahlrechtsreform nachgedacht werden.

Zu objektiven Agenten ohne Eigeninteresse werden Politiker dadurch auch nicht. Doch kommt es zu flexiblen Allianzen und ein Untersuchungsausschuss ist nicht mangels realpolitischer Konsequenz eine brotlose Kunst.

Der Autor ist Professor für Demokratiestudien und Politikforschung sowie Leiter des Departments Politische Kommunikation an der Donau-Universität Krems.

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