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NATO-Beitritt plus Berufsheer

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Jedes Land braucht nicht nur gut ausgebildete Arzte und Lehrer, sondern auch ebensolche Soldaten.

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Jedes Land braucht nicht nur gut ausgebildete Arzte und Lehrer, sondern auch ebensolche Soldaten.

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Die Bepublik Österreich ist dabei, ihre Verteidigungspolitik grundlegend zu verändern. Neben der inzwischen sich immer mehr als Mythos von der Bealität entfernenden Neutralität steht dabei vor allem die Wehrpflicht zur Diskussion, gen. Meine Thesen sind folgende:

■ Mit der endgültigen Abschaffung der Prüfungskommission für Wehrdienstverweigerer durch die jüngste Änderung des Zivildienstgesetzes wurde de facto die Wehrpflicht abgeschafft. Jeder „wehrpflichtige” Staatsbürger kann sich frei entscheiden, ob er Wehr- oder Zivildienst leisten will. Rine kleine Minderheit der wehrpflichtigen jungen Männer entscheidet sich für die dritte Möglichkeit und leistet einen um zwei Monate längeren, vom Innenministerium als Zivildienst anerkannten, Dienst im Ausland.

■ Die Zivildienstkommissionen konnten weniger das Gewissen der

Wehrdienstverweigerer als vielmehr die Ausdrucksfähigkeit und die gründliche Vorbereitung auf die zu erwartenden Fragen prüfen. Bei entsprechender Vorbereitung war es kein Problem, dem ungeliebten Dienst beim Bundesheer zu entgehen und statt dessen beim Boten Kreuz oder für die Lebenshilfe zu arbeiten. Trotz Abschaffung dieses nicht zielführenden „Prüfungsvorgangs” bleibt die Ungerechtigkeit bestehen, daß ein für den militärischen Kampfeinsatz untauglicher Mann auch keinen Zivildienst leisten muß.

■ Diese Ungerechtigkeit ist die notwendige Folge der nach wie vor aufrechterhaltenen Wehrpflicht. Die Rinführung einer allgemeinen Dienstpflicht würde verhindern, daß man sich mit Hilfe einer passenden ärztlichen Bescheinigung nicht nur vor dem Militär-, sondern auch vor dem Zivildienst drücken kann. Auf Grundlage einer Dienstpflicht könnte sich jeder männliche Staatsbürger entsprechend seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten und seiner politischen Rinstellung entscheiden, in welcher Form er diese staatsbürgerliche Pflicht erfüllen möchte.

■ Die endgültige Abschaffung der Wehrpflicht würde vor allem dem

Bundesheer dienen. Neben der Mitgliedschaft in der NATO sehe ich darin die zweite Voraussetzung, um den Angehörigen des Bundesheeres das für jeden Berufsstand notwendige Mindestmaß an Selbstbewußtsein zu vermitteln. Soldaten erfüllen eine wichtige Aufgabe, um den Frieden zu sichern, im Notfall durch den Rinsatz ihres Lebens für unsere Freiheit und Sicherheit. Derzeit ist das Bundesheer zu sehr damit beschäftigt, sich gegen die zunehmende Anzahl von Zivildienern zu behaupten. Man gewinnt immer wieder den Rindruck, jeder einzelne wehrfähige junge Österreicher, der sich nicht für den Dienst im Bundesheer entscheidet, scheint als Gegner aufgefaßt zu werden. Wehrdienstverweigerer untergraben das Selbstverständnis der Offiziere und des Verteidigungsministers.

■ Jedes Land braucht nicht nur gut ausgebildete Ärzte, Lehrer, Architekten, Kindergärtnerinnen und Polizisten, sondern auch Soldaten. Das kann man beklagen, es ändert nichts an der Tatsache, daß wir vom Staat verlangen müssen, uns gegenüber Gefahren von innen und einer möglichen Aggression von außen zu schützen. Feierliche Rrklärungen zum Nationalfeiertag können dies nicht leisten. Im

Notfall kann das nur die eigene Armee mit einem starken Bündnispartner. Der seit mehr als zwei Jahrzehnten stattfindende Grabenkampf zwischen Militär- und Zivildienst hilft niemandem weiter. Rs sind daher beide Seiten aufgefordert, zumindest die

Rxistenzberechtigung des anderen anzuerkennen. Begegnungen und Gespräche zwischen Soldaten und Zivildienstleistenden sollten eine Selbstverständlichkeit sein.

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