Neues Großkaliber startet Jagd auf mehr EZA-Geld

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Mit Caritas und Rotem Kreuz als Mitglieder erhofft sich der neue EZA-Dachverband "Globale Verantwortung" mehr Durchsetzungsfähigkeit.

Der Fronleichnamstag am Donnerstag ist in Brüssel kein Feiertag. Eine Koalition von mehr als 1600 europäischen Nicht-Regierungsorganisationen wird an diesem Tag in der EU-Hauptstadt den "Aids Watch Report 2008" präsentieren. Die Ergebnisse dieses Berichts für Österreich - soviel ist im Vorfeld durchgesickert - sollten auch hierzulande keine Feierstimmung aufkommen lassen: In den letzten Jahren hat es in Österreich zwar einen Anstieg der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) gegeben. Trotzdem hinkt Österreich im Gegensatz zu Dänemark, Luxemburg, Holland, Norwegen und Schweden seinen Verpflichtungen hinterher.

1313 Millionen Euro verrechnet Österreich als Entwicklungshilfegelder für das letzte Jahr. Das entspricht 0,49 Prozent des Brutto-Nationaleinkommens - auf den ersten Blick ein phänomenaler Anstieg zu früheren Jahren und ein Riesenschritt zu den versprochenen 0,51 Prozent bis ins Jahr 2010. Schaut man sich die Zusammensetzung der österreichischen EZA-Gelder im Detail an, färbt sich aber die rosa Brille dunkelgrau: 51 Prozent der österreichischen EZA-Mittel sind Entschuldungen. Von diesem Geld haben die Armen dieser Welt nicht wirklich etwas, das hilft Staatsapparaten, fehlt aber bei der konkreten Projektarbeit in den Ländern des Südens. Rechnet man diese Entschuldungen, die Flüchtlingsbetreuung im Inland und die Kosten für ausländische Studierende nicht ein - die ebenfalls aus EZA-Töpfen bezahlt werden, fallen die aufgeblähten 0,49 Prozent des Brutto-Nationaleinkommens auf mickrige 0,20 Prozent zusammen.

"Frisches Geld" für EZA

"Es ist höchste Zeit, dass Österreich frisches Geld für Entwicklungszusammenarbeit in die Hand nimmt", fordern deswegen die österreichischen EZA-Organisationen - seit langem und mit bescheidenem Erfolg. Am Montag dieser Woche hat sich deswegen die neue Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe "Globale Verantwortung" präsentiert: Ein Zusammenschluss von bislang 29 österreichischen EZA- und Hilfsorganisationen und als Partner mit an Bord, ein Schwergewicht in der Entwicklungshilfeszene im Land: die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz.

Derartig vernetzt, erhofft man sich jetzt eine bessere Ausgangsposition für die EZA bei den anstehenden Budgetverhandlungen. Noch dazu, wo man mit Caritas und Rotem Kreuz die zwei größten Hilfsorganisationen zu den Mitgliedern zählt, die sich aufgrund ihres gesellschaftlichen Einflusses mehr Gehör sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik verschaffen können (siehe auch Interview auf dieser Seite).

In der Regierung zuständig für die EZA-Dotierung sind die Staatssekretäre Christoph Matznetter vom Finanzministerium und Hans Winkler vom Außenministerium - SPÖ und ÖVP. Beide Personen, so wie ihre Parteien, sind für die Anliegen der EZA prinzipiell offen, trotzdem schaut es nicht danach aus, dass das offizielle Österreich dieses Mal seiner "schon lächerlich oft gemachten Selbstverpflichtung" (© Ruth Picker) nachkommen wird.

Nicht nur Buchhalter-Hilfe

Der Grund ist einfach, doch er wiegt schwer: Dieses Mal geht es um "wirkliches Geld" und um wirklich viel Geld. Die Entschuldungen - vor allem für den Irak - laufen aus. In Zukunft kann man also nicht mehr nur buchhalterisch Gelder für die EZA verbuchen, mit deren Uneinbringlichkeit man sich, wenn man ehrlich ist, schon lange abgefunden hat. Jetzt muss neues Geld in die Hand genommen werden. Aus der Austrian Development Agency (ADA), die für die Durchführung der österreichischen EZA zuständig ist, heißt es, sie könnte viel mehr Geld als bisher umsetzen. An der Abwicklung sinnvoller Projekte in den Empfängerländern scheitert es also nicht. Scheitern kann es nur wieder einmal an der Geberlaune Österreichs.

Web: www.globaleverantwortung.at

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