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Neutralität und Integration

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Kaum jemand, der ernst genommen werden will, würde in Österreich offen eine auf europäische Integration gerichtete Wirtschaftspolitik unter Hintansetzung der Neutralität befürworten. Das Wort Neutralität wird freilich in sehr verschiedener Weise verstanden. Die österreichische Neutralität ist kaum acht Jahre alt. So darf es nicht wunder nehmen, wenn ihre Definition und die dieser folgende Politik nicht auf so festen Grundlagen steht wie die der Schweiz, deren „immerwährende Neutralität“ schon vor fast eineinhalb Jahrhunderten europäische Anerkennung fand. Um so wichtiger ist für uns eine klare Umgrenzung des Rechtsbegriffes der immerwährenden Neutralität Österreichs und die Trassierung einer festen Bahn einer darauf gegründeten österreichischen Neutralitätspolitik.

„Neutralität“ ist ihrem Wesen nach eine Kategorie des Völkerrechts, und zwar des Völkerrechts im Krieg. Neutralität hat nur in bezug auf den Kriegszustand Sinn, und insofern ist es ein Pleonasmus, von „militärischer“ Neutralität zu sprechen, auf die Österreich allein völkerrechtlich — nach manchen sogar nur im Bereich des innerstaatlichen Verfassungsrechtes — verpflichtet sei. Wenn aber auch das Neutralitätsrecht inhaltslos würde, ohne einen gegenwärtigen oder doch künftig möglichen Krieg, so heißt das nicht, daß bloß die Ausübung von Waffengewalt — Begrenzung bei den Kriegführenden, Enthaltung bei den Neutralen — unterworfen ist. Das auch heute noch in Ost und West anerkannte V. Haager Abkommen vom Jahre 1907 über die Neutralität im Landkrieg enthält (Art. 7 bis 9) einige knappe Regeln einer wirtschaftlichen Neutralität. Ausfuhrverbote der neutralen Mächte müssen darnach auf beide Kriegsparteien gleichmäßig angewendet werden. Das gilt nicht nur für Waffen und Munition, sondern für alles, „was einem Heer und einer Flotte nützlich sein. kann“~ Gleichmäßig auf beide Ki^fpayieiin müssen sie^^STn^utrale'-VeAbte-iner Benützung telephomscher und tilegraphischer Einrichtungen erstrecken. (Vergleiche Alfred Verdroß, „Wirtschaftliche Neutralität?“, „Die Furche“, 28. November 1959, S. 1.) Im modernen Krieg, in dem die meisten wirtschaftlichen Güter „Heer und Flotte nützlich sein“ können, gewinnen diese Regeln schwerwiegende Bedeutung, wenn ein neutraler Staat zur Sicherung der Versorgung des eigenen Volkes mit Bedarfsgegenständen Ausfuhrverbote erlassen muß. Ist er durch eine Wirtschaftsunion einseitig gebunden, so kann-Ahm die Einhaltung der erwähnten Neutralitätsregeln unmöglich werden.

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