Nichts für Holiday-Maker

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Die Welt hinter der herausgeputzten Fassade der Sehenswürdigkeiten kennen lernen - mit Sozialreisen zu Entwicklungshilfeprojekten. von anja pia keglevic

Eine Hilfsorganisation als Reiseunternehmen und eine bunt gemischte Reisegruppe, deren Teilnehmer sich aus sehr unterschiedlichen Gründen dafür entschieden haben, bei "Don Bosco Reisen" eine Fahrt nach Peru zu buchen:

Maria Emprechtinger ist nicht das erste Mal in Südamerika unterwegs. Vor einigen Jahren hat sie ihre Nichte in Costa Rica besucht und ist mit ihr quer durchs Land gezogen. Daheim ist die 55-jährige Salzburgerin kirchlich engagiert und unterstützt Hilfsorganisationen, die Menschen helfen, sich selber zu helfen. Nach Peru ist sie auch deswegen mitgefahren, weil sie den Sohn ihrer Schulfreundin Anneliese besuchen will, der für ein Jahr als Volontär in einer Salesianer-Einrichtung in Cusco arbeitet.

Anneliese und Heinrich Stein haben ihren Sohn Christoph seit einem halben Jahr nicht gesehen. Bisher unterstützten sie das soziale Engagement ihres Jüngsten von zu Hause aus - gemeinsam mit der Pfarre Straßwalchen. Jetzt wollen sie nicht nur ihren Sohn wieder in die Arme schließen, sondern persönlich Sachspenden übergeben und sehen, in welche Projekte das gesammelte Geld fließt.

Mitfahren, weil's günstig ist

Martin Kofler wiederum ist bei der Wiener SAZ Marketing Services im Fundraising tätig. Seine Firma beteiligt sich zu einem Teil an den Reisekosten. Dafür liefert er einen Reisebericht und Informationen, die in der täglichen Arbeit seines Arbeitgebers mit sozialen Organisationen und Spendenaufrufen nützlich sein können.

Engelbert Hager, der fünfte im Bund, hat sich für diese Reise aus einem profanen Grund angemeldet: Der Software-Entwickler aus Niederösterreich sieht in der Reise eine relativ günstige Gelegenheit Peru kennen zu lernen. Die Besichtigung der Don-Bosco-Einrichtungen, die Teil des Programms sind, nimmt der begeisterte Individualreisende "so mit".

Bei all diesen Motivationen setzt die Idee und die Organisation von geführten Sozial-oder Projektreisen an. Solche Reisen bieten einerseits klassisches Touristenprogramm, darüber hinaus aber auch die Möglichkeit, in einen interkulturellen Dialog zu treten und ein Gefühl für ein fremdes Land zu entwickeln, das über das theoretische Reiseführerwissen weit hinausgeht.

Sanften Tourismus fördern

Das Vorbereitungstreffen ist für die Veranstalter eine wichtige Voraussetzung, damit die Reise den Erwartungen aller Beteiligten (der Reisenden, der Projektpartner und der besuchten Menschen vor Ort) gerecht wird. Bereits im Vorfeld können so Bedürfnisse und Programm aufeinander abgestimmt werden.

Für die Partner im bereisten Ausland ist die gute Zusammenarbeit ein wesentlicher Faktor - auch ein wirtschaftlicher. So wird "sanfter Tourismus" auch dahin gehend gewährleistet, dass möglichst viel lokal organisiert wird. "Sozial verantwortlicher Tourismus kann nur dann passieren, wenn auch auf Seite der Bereisten eine Struktur aufgebaut wird, die es den Leuten ermöglicht, mit Touristen adäquat umzugehen", sagt Kurt Luger, Leiter der Abteilung Internationale und Interkulturelle Kommunikation an der Universität Salzburg (siehe auch Interview unten).

Wasserleitung fürs Anstarren

Tourismusexperte Luger ist auch Mitbegründer und Vorsitzender der Gesellschaft für ökologische Zusammenarbeit Alpen-Himalaya, Öko-Himal, die Entwicklungsprojekte in Nepal, Tibet und Pakistan durchführt. Öko-Himal hat in den vergangenen Jahren regelmäßig Reisen in ihre Projektgebiete angeboten, und gute Erfahrungen gemacht: "Vernünftiger Tourismus muss immer ein organisierter sein. Bei unseren Reisen werden ein, zwei Projekte besucht und der Rest ist Touristenprogramm. Das Ganze kostet in der Regel ein bisschen weniger als normale Trekkingtouren, aber die Leute kriegen immens viel von Land und Leuten mit." Luger ist auch überzeugt, dass Sozialreisen eine Marktnische erfolgreich besetzen können: "Wenn Organisationen, die sich hauptsächlich über Spenden finanzieren, dadurch 5000 Euro mehr einnehmen, kann man damit schon eine Menge erreichen, zum Beispiel eine Wasserleitung installieren - und die Menschen vor Ort haben dann tatsächlich was davon gehabt, dass sie angestarrt wurden."

Drei Arten von Reisenden

Wichtig ist in jedem Fall - und das haben auch die fünf Peru-Sozialreisenden erfahren, dass man die Unterscheidung von Bruder Walter, einem Salesianer Don Bosco aus Malawi, im Kopf behält: "Es gibt mehrere Arten von Reisenden: die Pilger, die Touristen und die Holiday-Maker. Kennen Sie den Unterschied? Die Pilger brauchen Hotels und Infrastruktur, die wir ihnen gerne bieten. Touristen sind an Land und Leuten interessiert und werden mit offenen Armen aufgenommen. Aber die Holiday-Maker suchen in Afrika, was sie sowieso zu Hause haben. Die brauchen wir nicht."

Doch bei gut vorbereiteten Projektreisen ist der Unterschied spürbar. So bekam Barbara Velik von "Jugend Eine Welt", zuständig für die Organisation der Don Bosco Reisen, aus einem der Partnerländer die positive Rückmeldung: "Anfangs waren die Besucher ein unorganisierter Haufen und haben bloß wahllos Zuckerln ausgeteilt; jetzt sind sie eine homogene Gruppe mit fixem Programm und Anweisungen, wie sie sich den Einheimischen gegenüber zu verhalten haben. Nun sind alle zufrieden."

Die Autorin ist freie Journalistin.

info

Neben ihrem internationalen Volontariatsprogramm für Jugendliche und junge Erwachsene bietet "Jugend Eine Welt - Don Bosco Aktion Austria" auch geführte Reisen an. 2007 sind Touren nach Mosambik, Mongolei und Sibirien, Malawi, Ecuador und Brasilien geplant. Die Gruppen sind zwischen fünf und zwölf Personen groß. Die Kosten betragen ab 1900 Euro und sind abhängig von den Flugkosten des jeweiligen Landes. Vor dem Antritt aller Reisen findet ein Vorbereitungstreffen statt.

Weitere Informationen: Don Bosco Reisen bei Jugend Eine Welt -

Don Bosco Aktion Austria, St. Veit-Gasse 25, 1130 Wien, 0664/8243790 (Barbara Velik)

"Keine Zuckerl, wo es keine Zahnärzte gibt!"

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