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Niemand kann den Frieden befehlen
Tausenden Kriegsopfern aller Seiten hat Tomo Kneževič als Caritas-Chef von Sarajewo geholfen. Heute ist der bosnische Kroate Flüchtling in Kroatien.
Tausenden Kriegsopfern aller Seiten hat Tomo Kneževič als Caritas-Chef von Sarajewo geholfen. Heute ist der bosnische Kroate Flüchtling in Kroatien.
Er habe keinen Feind, sagt der katholische Priester, der seit einem halben Jahr auf der kroatischen Insel Brac vor Split aus Sarajewo geflüchtete Theologen unterrichtet. Grund dazu hätte er: bei einem jüngst von moslemischen Truppen angerichteten Massaker in Mittelbosnien hat Kneževič fünf enge Verwandte verloren.
Nach den Erfahrungen des schon 21 Monate dauernden Krieges in Bosnien-Herzegowina — Serben gegen Kroaten und Moslems, seit April des Vorjahres auch Moslems gegen Kroaten - ist er sehr skeptisch, was ein künftiges gė meinsames Leben der drei Nationalitäten in einem einzigen Staat betrifft. Es stelle sich die Frage, wer in den nächsten Jahren Freiheit und Sicherheit auf dem ausgebluteten Territorium garantieren werde.
Kneževič: „Das kommunistische Regime war eine sogenannte Universalregierung, die Brüderlichkeit und Einigkeit befohlen und mit Gewalt durchgesetzt hat. Aber wo ist jetzt die Autorität, die alle zwingen kann, auf diesem Gebiet zusammenzuleben, wo sie immer gelebt haben?“
Ein überlegter Schlag von außen hat nach Meinung Kneževičs, der sich als Priester von Politik zwar fernhält, aber „nicht von den Tatsachen getrennt leben kann“, schon Sinn. „Nur müßten die Amerikaner oder Franzosen und die anderen alle drei Völker in Bosnien angreifen.. Vielleicht ist es dafür schon zu spät.. Zu Beginn des Krieges in Kroatien, bei der Zerstörung Vukovars hätte man so reagieren müssen.“ Scharfe Kritik übt Kneževič am bosnischen Präsidenten Alija Izetbegovic, den er nicht als Vertreter ganz Bosnien-Herzegowinas, sondern nur der Moslems akzeptiert. Izetbegovic habe immer geglaubt, sich für den Krieg nicht vorbereiten zu müssen, da die Moslems meinten, die jugoslawische Armee sei die ihrige und werde sie daher nicht angreifen. Es sei ein schwerer Fehler gewesen, daß Izetbegovic gesagt habe, der Krieg in Kroatien sei „nicht unser Krieg“.
Heute sei Bosnien-Herzegowina ein Ruinenland, man habe gelernt, „mit zirka vier Liter Wasser pro Tag auszukommen und nichts zu vergeuden“ („Zuerst trinken und kochen, dann waschen, rasieren und schließlich Toilette spülen“). Auf westliche Hilfe könne man nur danke sagen.
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