No, we cannot - no change

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Ja, es stimmt: "Change", "hope" und "Yes, we can" sind noch kein Programm. Zu Recht weisen - auch Obama freundlich gesonnene - Kommentatoren darauf hin, dass der künftige US-Präsident inhaltlich in vielem recht vage geblieben sei. Aber bevor wir wieder in das antiamerikanische Gesums einstimmen, wie oberflächlich, zur bloßen Show verkommen die US-Politik doch sei, stünde uns ein selbstkritischer Blick auf die Verhältnisse in "good old Europe" - zumal in Österreich - nicht schlecht an.

Anton Pelinka etwa hat am "Runden Tisch" des ORF angemerkt, dass sich Österreich (und wohl auch andere europäische Länder) hinsichtlich des Prozesses der Findung von Spitzenkandidaten einiges von den USA abschauen könnten. Die hierzulande oft als seichte Medienevents belächelten Vorwahlkämpfe sind nämlich zwar beinharte, aber durchaus faire und transparente Vorgänge, welche die Kandidaten und Kandidatinnen auf den Prüfstand stellen und es den Wählerinnen und Wählern ermöglichen, sich ein (erstes) Bild zu machen. Dagegen nimmt sich - wie auch Pelinka sinngemäß meinte - unsere Hinterzimmermauschelei, die freilich vielen als spezifische Ausprägung unserer so traditionsreichen wie kostbaren Konsenskultur gilt, doch eher bescheiden aus.

"In der Wolle gefärbt"

Wahr ist, dass man in den USA unendlich viel Geld braucht, um überhaupt wahlkämpfen zu können. Aber dass in Europa eine politische Karriere jedermann und -frau offen stehe, wird auch niemand behaupten wollen - zu in sich geschlossen sind die politischen Kasten nach wie vor; "in der Wolle gefärbt" sagt man dazu bei uns treffend … Und gar keine Rede kann ja wohl davon sein, dass sich Wahlkämpfe in den europäischen Demokratien durch besondere Inhaltsschwere oder programmatische Festlegungen auszeichneten.

Unvorstellbar ist hingegen, dass ein Wahlkampf auf dem alten Kontinent in ähnlicher Weise fesselt und, ja, auch politisiert, wie wir das nun in den Vereinigten Staaten erlebt haben. Eine Ahnung davon vermittelte vielleicht die französische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal mit ihrer Kampagne "désirs d'avenir" (Zukunftswünsche, wenn man will: -sehnsüchte); und auch dem Royal schließlich überlegenen nunmehrigen Präsidenten Nicolas Sarkozy kann man eine gewisse Art charismatischer leadership nicht absprechen. Das traf auch (und noch viel mehr) auf Tony Blair zu - aber der hatte sich erstens als "Bushs Pudel" diskreditiert; und zweitens gelten Briten "echten Europäern" ja als halbe Amerikaner und damit prinzipiell verdächtig …

Richtungsentscheidung

Sonst gibt es da, allen dem jeweiligen Wahlkampf geschuldeten Beteuerungen zum Trotz, nicht viel. Jedenfalls ist weit und breit niemand in Sicht, der auch nur ansatzweise glaubhaft vermitteln könnte, es handle sich bei ihm oder ihr um so etwas wie ein Versprechen auf die Zukunft; es gehe bei der Wahl tatsächlich um eine Richtungsentscheidung (von der heimische Politiker so gerne sprechen …) - und die Aussicht auf Wandel.

Das hat freilich auch mit dem politischen System, nicht nur mit den handelnden Personen zu tun: In den USA kann man "Change" wählen. Man kann eine Administration bestätigen oder abwählen und weiß, wofür man jeweils stimmt. In dieser Form gibt es das in Kontinentaleuropa nirgends, am allerwenigsten in Österreich.

Hier erleben wir gerade einmal mehr, wie unverdrossen an der Neuauflage von "More of the same" gearbeitet wird. Unter Aufbietung des sattsam bekannten rhetorischen und taktischen Instrumentariums wird an einer Regierung von Hans Christian Dichrads Gnaden gezimmert. Und falls es dafür doch nicht reichen sollte, weil es vorher jemandem reicht, steht das Land ziemlich belämmert da. Vielleicht zieht sich HC Strache ja schon bald ein Obama-T-Shirt an …

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