"Notwendige Sicherheit"

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Kinderpsychiater Max Friedrich lässt die Kritik an seinem Gutachten im Fall Sabina nicht gelten: Er habe ein Besuchsrecht nur unter Auflagen empfohlen.

Sabinas Erfahrung vor Gericht ist kein Einzelfall: Anklagen wegen sexuellem Missbrauch bei sehr kleinen Kindern führen nur allzu selten zu einer Verurteilung des Täters. Zu schwierig ist die Beweisführung: die Aussage des kleinen Kindes ist leicht angreifbar. Eine arge Ernüchterung für die Vertreter des Opfers, und auch für Sabina.

Besonders enttäuscht zeigte sie sich über das Gutachten des renommierten Kinderpsychiaters Max Friedrich. Dieses kam zum Schluss: "Es kann nicht mit der für das Gericht notwendigen Sicherheit ein sexueller Übergriff festgestellt werden … Ob der Kindesvater tatsächlich die von der Kindesmutter behaupteten pädophilen Tendenzen aufweist, kann nicht mit der für das Gericht notwendigen Sicherheit erklärt werden." Und weiter: "Der Kindesvater wurde vom Sachverständigen nicht gesehen, erscheint aber aufgrund seiner brieflichen Äußerungen durchaus imstande, Besuchskontakte zu seinen Kindern zu pflegen." Dem Vater wurde ein Besuchsrecht unter Auflagen eingeräumt, anfänglich unter Beisein einer neutralen Person, später allein, aber nur nach einem Ergänzungsgutachten. Nach diesem Gutachten wurde dem Gericht geraten, "dem Kindesvater, seinem Beruf entsprechend, ein umfassendes Besuchsrecht in Österreich einzuräumen". Nach einer Probephase solle das sogar mit Übernachtung möglich sein, da die Kinder damals schon in einem Alter (sieben und fünf Jahre alt) seien, in dem sie sich "gegenüber Übergriffen des Vaters hinreichend artikulieren können". Sabina wollte ihre Kinder aber vor weiteren Übergriffen schützen. Zudem: Ihr Sohn habe sich auch mit dreieinhalb Jahren, zur Zeit der Untersuchung für das Erstgutachten, schon sehr gut artikulieren können.

Max Friedrich versteht die Kritik der Mutter nicht. Er habe im Interesse der Kinder gehandelt, die den Vater brauchten, und eine Besuchsregelung mit Auflagen vorgeschlagen. Der Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Wien betont, wie schwierig es sei, Kleinkinder zu befragen. In etwa fünf Prozent der angezeigten Missbrauchs-Fälle seien den Kindern - etwa bei Rosenkriegen - Aussagen über Missbrauch eingeredet worden. "Das ist die andere Seite", so Friedrich. Dass der Kindesvater ein angesehener Kinderpsychiater war, habe keinen Einfluss auf sein Gutachten gehabt, sagt er: "Natürlich suchen sich Pädophile oft einen Beruf, in dem sie viel mit Kindern zu tun haben."

Sorge um eine weitere Diskreditierung des Berufsstandes habe es keine gegeben. Sabinas Anzeige erfolgte zu jener Zeit, als gerade der Fall Franz Wurst für Aufsehen sorgte. Der ehemalige Kärntner Kinderarzt war 2002 wegen Anstiftung zum Mord an seiner Frau zu 17 Jahren Haft verurteilt worden. Der Auftragsmörder war Wursts Patenkind, den er ähnlich wie zahlreiche weitere Opfer sexuell missbraucht hatte. bog

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