Verwaltung - © Foto: Pixabay

Öffentliche Dienstleistungen: Die Verwaltung, die wir verdienen

19451960198020002020

Öffentliche Dienstleistungen sind in Österreich überdurchschnittlich teuer – und liefern bestenfalls durchschnittliche Ergebnisse. Ein Gastkommentar über „Patronagesystem“ und „Wahldemokratie“.

19451960198020002020

Öffentliche Dienstleistungen sind in Österreich überdurchschnittlich teuer – und liefern bestenfalls durchschnittliche Ergebnisse. Ein Gastkommentar über „Patronagesystem“ und „Wahldemokratie“.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Übersterblichkeit, also die erhöhte Sterblichkeitsrate, betrug in Österreich in den beiden Covid-19-Jahren 2020 und 2021 neun Prozent – und bewegte sich damit im europäischen Durchschnitt. Deutschland mit etwas geringeren Restriktionen hatte eine Übersterblichkeit von lediglich vier Prozent, in Skandinavien mit deutlich geringeren Einschränkungen betrug sie aufgegliedert: sechs Prozent in Schweden und zwei Prozent in Norwegen sowie Dänemark. Das österreichische Ergebnis ist auch deshalb beachtlich, weil sich Österreicher rühmt, „Testweltmeister“ zu sein. Immerhin wurden in den letzten beiden Jahren 2,6 Milliarden Euro für Tests aufgewendet.

Dieser im europäischen Vergleich ernüchternde Befund fügt sich harmonisch in andere europäische Vergleiche ein, etwa Studien der OECD zum Bildungswesen: Öffentliche Dienstleistungen werden bei uns mit überdurchschnittlichen Kosten mit bestenfalls durchschnittlichen Ergebnissen erbracht.

In Österreich war das Vertrauen in das politische System schon vor Corona im Sinken begriffen. 2019 waren fünf von zehn Menschen überzeugt, das politische System in Österreich funktioniere wenig oder gar nicht gut, 2021 waren es sechs von zehn. Dazwischen lagen nicht nur die verschiedenen Formen von Pandemie-Missmanagement, sondern auch die Veröffentlichungen von Chats, die den Missbrauch der Verwaltung durch Politiker und ihren Tross (Ministerkabinette) schonungslos offenlegten.

Ist Österreich keine liberale Demokratie?

Zusätzlich wurde Österreich zuletzt in internationalen Demokratie-Rankings deutlich heruntergestuft. Im Index der Universität Göteborg ist unser Staat nicht mehr als liberale Demokratie, sondern nur mehr als bloße „Wahldemokratie“ eingestuft. So werden Staaten bezeichnet, in denen man wählen kann, es aber sonst bei den Bedingungen, die eine Demokratie ausmachen, Mängel gibt.

Um einen der österreichischen Hauptakteure zu Wort kommen zu lassen: Michael Kloibmüller, langjähriger Kabinettschef und auch Leiter der Präsidialsektion im Innenministerium, sagte in einem Zeitungsinterview: Besetzungsverfahren seien „immer auch politisch bei der Polizei, weil die Personalvertretungen Mitwirkungsrechte haben. Wer anderes glaubt, lügt sich an“. Das hat leider so seine Richtigkeit. Im Unterschied zu liberalen Demokratien, in denen sich Gewerkschaften und Personalvertretungen in Distanz zu politischen Parteien bewegen, sind die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Großteil der Personalvertretungen entlang der politischen Parteien in Fraktionen gegliedert. In liberalen Demokratien achten die Interessensvertreter der öffentlich Bediensteten auf eine funktionierende „Meritokratie“, also eine Vergabe von Leitungsfunktionen anhand von erbrachten Leistungen und persönlichen Befähigungen. In Österreich sind erschreckend viele Interessensvertreter im öffentlichen Sektor Akteure und Hüter eines „Patronagesystems“, in dem Parteibuch und politische Beziehungen entscheidend für Postenvergaben sind. Dies erklärt auch die trotz jahrzehntelanger Kritik (Helmut Zilk: „Es kotzt mich an!“) bestehende Ultrastabilität der Parteibuchwirtschaft.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung