Öko-Energie baut Feuerwand gegen Spekulation

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Hochblüte für neue Form der Bürgerbeteiligung in der Finanzierung von Photovoltaik-Anlagen. Kosten für Öl-Importe steigen dramatisch an. Grenzen für Anteile und Rendite bei Öko-Strom.

Das ging rascher als erwartet: An einem Dienstag nachmittag, es war der 28. Februar, meldete die Austria Presseagentur den für Mittwoch angesetzten Start des Verkaufs von Anteilen für das erste Wiener Bürger-Solarkraftwerk. Dafür hatten sich bereits rund 1.500 Interessenten vormerken lassen. Am Donnerstag darauf verlautete: Ausverkauft! Ein neues Geschäftsmodell für die Finanzierung erneuerbarer Energieformen beginnt seinen Siegeszug.

"Wir wissen aus vielen Diskussionen, dass Menschen sich gerne in diesem Bereich engagieren wollen“, sagt Wiens Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) zu diesem Bürger-finanzierten Projekt, Ökostrom herzustellen und ins Netz einzuspeisen. Die erste Anlage besteht aus 2.100 Photovoltaik-Modulen, soll im Mai in Betrieb gehen und eine Leistung von 500 Kilowattpeak (kWp, das ist die höchst mögliche Leistung) erbringen. "Damit hat man die Möglichkeit, Strom für 200 Haushalte zu produzieren“, erklärte die für Energie zuständige Stadträtin, Maria Vassilakou (Grüne). Das lockt Anleger an.

Neue Projekte, dennoch limitierter Verkauf

Ein halbes Panel kostet 475 Euro, ein ganzes 950 Euro. Die Mindestinvestition beträgt 475 Euro, allerdings kann jeder Bürger maximal zehn Module erstehen. Damit soll verhindert werden, dass sich ein Investor groß einkaufen könne, sagt Vassilakou. Die Versuchung dazu ist gegeben: Die Rendite beträgt 3,1 Prozent, nach Ablauf der Lebensdauer von 25 Jahren erhalten die Einzahler ihren Beteiligungsbetrag zur Gänze zurück. Betreiber ist die Wien Energie. Sie plant für heuer noch vier weitere Bürger-Solarkraftwerke. Ein sicheres Geschäft also, dem nicht nur mit der Limitierung der Anteile sondern auch mit dem Ökostrom-Tarif Grenzen gesetzt werden. Eine Feuerwand gegen das Eindringen von Spekulanten in die stark boomende Öko-Energie also, die wegen der aus politischen und aus finanziellen Gründen forcierten Energiewende starken Auftrieb erhält.

Die Energiewende und die Forcierung erneuerbarer Energien, allen voran Solarenergie, ist "vor allem ein Wirtschaftsfaktor“, sagt Hans Kronberger, Präsident von Photovoltaic Austria. Die Öl-Lieferländer würden die Industrienationen "ersatzlos aussaugen“. Die Explorationskosten seien teils die gleichen wie zu jenen Zeiten, als das Barrell Öl (159 Liter) zehn US-Dollar kostete. Doch jetzt liege der Preis bei 120 US-Dollar. Wegen dieser Steigerungen seien die Kosten für den Ölimport in Österreich von 9,8 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf 12,1 im Jahr 2010 und auf (hochgerechnet) 15,6 Milliarden Euro im vorigen Jahr gestiegen. Kronbeger im FURCHE-Gespräch: "Wenn sich das wo weiterentwickelt, sind Sparpakete und Schuldenbremsen vergleichsweise sinnlos im Vergleich zu jenen Summen, die dorthin abfliessen, ohne dass irgendein Mehrwert geschaffen wird.“

Die zentrale Frage, so Kronberger, sei daher: "Wo nehmen wir die Primärenergie her, wenn Öl, Gas und Kohle ständig teurer werden?“ Seine Antwort: Von der Sonne. Seine Zahlen: In einer Reihung der neu installierten Kraftwerke in Europa liege die Photovoltaik an erster Stelle. Hier sei eine "gigantische Bewegung“ vorhanden. Im vorigen Jahr seien in Europa Photovoltaikanlagen mit insgesamt 21 Gigawattpeak an Leistung installiert worden. Damit liessen sich dreieinhalb Kernkraftwerke ersetzen. Doch die übermäßige Förderung der Photovoltaik sei, so Kronberger, eine "große Gefahr“.

An der Grenze zum Bankgeschäft

Werden den Herstellern von Ökostrom zu hohe Tarife für ihre grüne Energie geboten, dann "wird die Photovoltaik zu einem Finanzprodukt“. Das sei in Ländern wie Deutschland, Portugal, Spanien und Tschechien passiert, wie Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner vorige Woche erläuterte: "Diese Länder müssen jetzte den Stecker bei der Ökostrom-Förderung ziehen“. Es ist aber in Österreich nicht nur die angemessene Förderpolitik, die Spekulanten von der Ökoenergie fernhält, sondern auch die Finanzmarktaufsicht.

Ein Anbieter von lukrativ erscheinenden Beteiligungen hatte ein Modelll für Anteile an Photovoltaikanlagen ausgearbeitet. Dieses bot er Kunden und Gemeinden an - vergeblich. Schon zuvor hatte die Finanzmarktaufsicht ähnlichen Anbietern einen Untersagungs-Bescheid zugestellt: Das Finanzierungsmodell war dem Einlagen- und Kreditgeschäft zu ähnlich - und dieses ist den Banken vorbehalten.

Andernorts, etwa in St. Pölten, wird hingegen schon das nächste - regelkonforme - Bürgerbeteiligungsmodell ausgearbeitet. Ab Mai können sich, so Landesrat Stephan Pernkopf, Interessenten für ein Photovoltaik-Beteiligungsmodell der EVN anmelden. Dieses wird an einem pikanten Ort betreiben: Auf dem Areal des nie in Betrieb gegangenen Atomkraftwerkes Zwentendorf. Ein später Triumph der Anti-Atombewegung.

Blut für Öl

Der Kampf um die Ressourcen;

Von Hans Kronberger, überarbeitete Auflage, Verlag Uranus, 2011.

157 Seiten, gebunden, Euro 17,90

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