Österreich: Wo Wachstum das Budgetloch frisst

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Die Europäische Union gewährt den Staaten einen Aufschub bis 2011 für die Sanierung ihrer Budgets. So lange wird auch in Österreich von einem Sparpaket nicht die Rede sein. Doch was wird Finanzminister Pröll am kommenden Mittwoch der Nation berichten? Ein fiktives Szenario.

Einer schlechten Nachricht fügt man gerne eine gute hinzu, das bessert den Eindruck. So machte es auch die Europäischen Kommission, als sie unlängst die Defizitsünderzahlen für die Union bekannt gab. Die schlechte Nachricht: Neben elf bereits eröffneten Defizitverfahren werden bis Jahresende neun weitere Staaten, darunter auch Österreich, wegen Überschreitens des Maastrichter Stabilitätspaktes von der Kommission belangt werden. Dies gesagt habend, fügte der zuständige Kommissar Joaquín Almunia hinzu, er sei zuversichtlich, eine „Exit-Strategie“ zur Sanierung der überbordenden Staatsschulden bis Ende des Jahres vorlegen zu können. Die Nachrichtenagenturen legten also die Defizite tunlichst beiseite und schrieben feurig: „Termin über Exit-Strategien bis Jahresende möglich.“

Dass so ein Exitplan nicht automatisch bedeutet, sofort sparen zu müssen, scheinen die Finanzminister der EU-Kommission bei ihrem informellen Treffen in Göteborg vergangene Woche eingebläut zu haben. Schüchtern erkundigte sich nach der entsprechenden Aussprache Spanien, ob es denn mit seinen für 2010 geplanten Steuererhöhungen zur Sanierung seines Budgets fortfahren dürfe.

Österreichs Politik übt sich da lieber im konsumfördernden Verzicht auf schlechte Nachrichten. Das intern befürchtete Sparpaket, das Josef Pröll nach Mutmaßungen des Boulevards schon kommenden Mittwoch anlässlich seiner „Rede zur Lage der Nation“ bekannt geben wollte, kommt, wenn überhaupt, erst 2011.

Damit lässt sich ein fiktives Szenario zum Inhalt dieser Rede erstellen: Pröll wird die Maßnahmen der Regierung loben (die bis zur Stunde zu einer Jahresneuverschuldung von 3,9 Prozent geführt haben, Anm.). Er wird im Detail die Bankenrettung erwähnen (die nun offenbar von den Instituten doch nicht so so benötigt wird, wie ursprünglich angenommen, Anm.). Er wird ferner die beruhigenden Maßnahmen der Regierung auf den Arbeitsmarkt erwähnen, wo es tatsächlich Erfolge mit thermischer Sanierung und Kurzarbeit gegeben hat. Er wird schließlich auch die Hilfe des Finanz- und Wirtschaftsministeriums bei der Haftung für Unternehmenskredite betonen – und zu guter Letzt auch noch auf die Politik der „ruhigen Hand“ zu sprechen kommen (für die schon Gerhard Schröder einst vom Spiegel zum „Häuptling“ geadelt wurde, Anm.).

Sparpakete, aber wie?

Pröll wird aber nicht die Beschaffenheit jener „Sparpakete“ erläutern, von denen er bereits am Sonntag gesprochen hat. Kommen CO2-Steuer, Mehrwertssteuer? Oder nichts von alledem und die Länder werden stattdessen durch Strafzahlungsdrohungen, wie von Staatssekretär Reinhold Lopatka geübt, in die Knie gezwungen und sparen nun doch Schul-, Kranken- und Verwaltungswesen gesund? Unbeantwortet auch die Frage: Was passiert, wenn bis 2011 die Konjunktur nur kläglich über dem Nullwachstum liegt?

Pröll wird dennoch optimistisch enden, etwa mit der Hoffnung von WIFO und IHS, das kommende Wirtschaftswachstum könne gleich auch die Staatsschulden fressen. Wir werden also nicht zahlen, sondern boomen! Oder einfach nur erwachen. Spätestens 2011. (tan)

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