ÖVP braucht Kurswechsel

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Staatsmänner, die Wahlen eindeutig verlieren, treten zurück: Josef Klaus 1970 (bei einem Verlust von 2,3 Prozent), Bruno Kreisky 1983 (3,3 Prozent) Alois Mock 1990 (9,2 Prozent). Parteipolitiker glauben, die Macht durch Tricks und Täuschungsmanöver retten zu können. Wolfgang Schüssel hat seine Niederlage noch nicht begriffen. Der Verlust von acht Prozent ist weder durch die Schwäche des eigenen Wahlkampfes noch durch Untergriffe des Gegners zu erklären, er hat tiefere wirtschaftliche, soziale und kulturelle Ursachen, deren Analyse die ÖVP-Politiker verweigern. Gut, die Bildungsministerin hat das Handtuch geworfen, aber die Nominierung Karl-Heinz Grassers ins Verhandlungsteam und die Drohung, "weiter wie bisher" regieren zu wollen, lässt nichts Gutes für eine Koalition ahnen.

Die halbe Million Wähler, die der ÖVP die Gefolgschaft aufgekündigt haben, sind die Verlierer eines Kurses, bei dem die "Masseneinkommen deutlich weniger gestiegen sind als das Bruttoinlandsprodukt", bei dem es also eine "Umverteilung zum Unternehmenssektor" gegeben hat (so WIFO-Direktor Karl Aiginger). Zu dieser neoliberalen Wirtschaftpolitik kam eine neokonservative Gesellschaftspolitik, deren Frauen-und Familienbild weit hinter der gesellschaftlichen Entwicklung zurückblieb. Die Wähler und Wählerinnen haben diese Politik eindeutig abgelehnt. D.h. aber nicht, dass sie den "Stillstand" wählten, sie wollen nur Veränderungen in eine andere Richtung, mit mehr sozialer Gerechtigkeit.

Die ÖVP sollte aus dem Wählervotum die richtigen Schlüsse ziehen: Was sie braucht, ist eine Rückbesinnung auf ihre christlich-sozialen Wurzeln und eine Rückkehr zum Modell der ökosozialen Marktwirtschaft. Also einen Kurswechsel, der ohne Personalwechsel nicht zu haben ist.

Die Autorin war ORF-Redakteurin und Dokumentarfilmerin.

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