ÖVP: Was tun mit dem Erfolg?

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Die Volkspartei landet gegen die SPÖ einen Wahlerfolg nach dem anderen. Ein Kurswechsel der Sozialdemokraten droht nun die Arbeit der Bundesregierung zu lähmen. Politologen halten sogar Neuwahlen 2011 für möglich. Hat Josef Pröll bis dahin noch die besseren Karten?

Die Spitze einer politischen Bewegung ist immer dort, wo der Erfolg sich einstellt. So ging das jahrelang mit Alfred Gusenbauer: Landtagswahlen in Salzburg, der Steiermark, Oberösterreich, Arbeiterkammerwahlen, Europawahlen. Immer war der SPÖ-Chef zugegen, die Kehle bis zum Gaumenzäpfchen weit vor Jubel. Ganz so euphorisch macht es Josef Pröll nicht. Er ist da, lacht und dreht den Daumen nach oben. Im März bei den Europawahlen, am Sonntag in Vorarlberg wo er seinem Landeshauptmann Herbert Sausgruber in der Stunde seines Triumphes beistand.

Das Regierungsgegenüber, immerhin der Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende, kann vom Erfolg nur träumen. Er hielt sich in Innsbruck auf, während jenseits des Arlbergs Michael Ritsch die schwerste Niederlage eines SPÖ-Landesverbandes in der Geschichte der Partei einfuhr (siehe unten). Am kommenden Sonntag wird sich in Oberösterreich ähnlich Erfreuliches für die ÖVP abspielen. Der dortige Landeshauptmann Pühringer wird seine Mehrheit bei über 40 Prozent klar behaupten, die SPÖ wird vom Sturzflug in den geordneten Sinkflug übergehen.

Im früheren Zeiten hätte eine ähnliche Serie des Wahlglücks samt stabiler Umfragewerte (seit Mitte des Jahres drei bis vier Prozent Vorsprung vor der SPÖ) ausgereicht, um die ÖVP-Spitze, etwa unter Wolfgang Schüssel, dazu zu bewegen, ihre Scheu beiseite und ihre Lust auf Neuwahlen offenzulegen. Was der Partei zumeist nicht gut bekam. Heute kann zwar von Neuwahlen nicht die Rede sein. Allein die Krise verbietet sowohl SP als auch VP schon den Gedanken daran. Aber die Schwäche der SP wird auf Dauer auch der VP das Regieren nicht leichter machen.

Vor allem die vehementen Forderungen der SPÖ-Länder an den Bundeskanzler, doch endlich mehr Schneid in der Regierung zu beweisen und der ÖVP Gestaltungsspielraum zu nehmen, wird die Zusammenarbeit nach den Landtagswahlen in Oberösterreich nicht einfacher machen. Ab Sonntag dürfte auch die wiederkehrende Debatte um die Reichensteuer das Arbeitsklima der Regierung nicht gerade zum Positiven beeinflussen.

Druck auf Faymann

Entsprechend sorgen sich die Parteifreunde Prölls. Helmut Kukacka, Ex-Staatsekretär und langjähriges ÖVP-Vorstandsmitglied, meint: „Wenn die SPÖ eine Blockadepolitik führt und die Streitereien wieder ein Ausmaß wie unter Gusenbauer und Molterer annehmen, wird mit der SPÖ auch die ÖVP wieder massiv Wähler verlieren.“ Dabei ginge laut Kukacka das derzeit wichtigste Plus der ÖVP gegenüber der SPÖ verloren: Die Demonstration der Handlungsfähigkeit in den für das Land wichtigsten Politfeldern Wirtschaft und Finanzen. Gewinner wäre in diesem Fall die FPÖ, die, so Kukacka, „dann wieder Richtung stimmenstärkste Partei ziehen wird“ .

„Der Druck auf Faymann wird massiv zunehmen“, meint der Linzer Meinungsforscher Werner Beutelmeyer vom market-Institut. „Mit der Harmonie ist es jetzt einmal vorbei“, so Beutelmeyer, der eine sich beständig verschlechternde Stimmung innerhalb der Sozialdemokraten ortet.

Nicht einmal mittelfristig angesetzte Neuwahlen will er ausschließen. Das freilich unter der Voraussetzung, „dass sich 2010 wirtschaftlich ein deutlicher Aufwärtstrend zeigt und die Konjunktur wieder anspringt“. Pröll selbst weist solche Ideen entschieden zurück und freut sich lieber an den Wahlergebnissen der anderen: „Das sind Tage, die Mut machen“, frohlockt er in Bregenz.

Findige Politologen haben unterdessen schon eine „Sollbruchstelle“ für Neuwahlen entdeckt, sollte die Koalition in gegenseitiger Lähmung erstarren: „Ende 2010 muss sich die Koalition auf ein neues Budget einigen“, meint Thomas Hofer. „Dabei geht es um harte Einschnitte zur Eindämmung des Budgetdefizits. Pröll könnte das zum Anlass nehmen, in Neuwahlen zu gehen.“ In der in etwas mehr als drei Wochen stattfindenden Rede Prölls „zur Lage der Nation“ will Hofer auch einen manifesten Führungsanspruch Prölls innerhalb der Regierung ausmachen. „Er inszeniert sich schon stark als die bessere Alternative zu Faymann.“ Die Frage sei nur, wie lange es dauert, „bis eine solche Selbstdarstellung eingelöst werden muss“. In den Vorfeldorganisationen der ÖVP und in der Partei nahestehenden Machtzentren der Republik wie etwa dem Raiffeisenkonzern wird jedenfalls bei jedem möglichen Ereignis betont, wie groß die Erwartungen in einen Kanzler Josef Pröll wären.

Bis Ende kommenden Jahres stehen beiden Koalitionsparteien allerdings auch noch drei Wahlgänge bevor: In Wien, in der Steiermark und die Bundespräsidentenwahl.

Qual der Präsidentenwahl

Vor allem Letztere könnte für den Vizekanzler äußerst heikel werden, im Falle, dass sein Onkel Erwin Pröll im April kommenden Jahres ins höchste Amt des Staates gewählt wird.

So lautet denn auch die bange Frage in der ÖVP-Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse, ob der Landeshauptmann Niederösterreichs kandidieren wird oder nicht. Die Analysen dazu fallen stets gleich skeptisch aus: Die Chancen Josef Prölls, Kanzler zu werden, würden sinken.

Bundespräsident Heinz Fischer wurde, angesprochen auf eine Wiederkandidatur, unlängst so zitiert: „Eine gemeinsame Kandidatur von SP und VP erspart den Parteien einen von niemandem gewollten hässlichen Wahlkampf.“ Und Josef Pröll vielleicht auch eine hässliche Niederlage in eigener Sache, könnte man dem hinzufügen.

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