Papst als Beistand für Ägyptens Christen

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Am 28. und 29. April reist der Papst nach Kairo. Nach den jüngsten Anschlägen gegen Kopten ein mehr als brisanter Besuch. Thema ist der Dialog mit der sunnitischen Al-Azhar-Universität. Aber Franziskus will gerade klare Zeichen der Solidarität mit den Kopten setzen.

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Am 28. und 29. April reist der Papst nach Kairo. Nach den jüngsten Anschlägen gegen Kopten ein mehr als brisanter Besuch. Thema ist der Dialog mit der sunnitischen Al-Azhar-Universität. Aber Franziskus will gerade klare Zeichen der Solidarität mit den Kopten setzen.

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Papst Franziskus fliegt am 28. April nach Kairo. Er ist nicht der erste seines Namens, der im Namen der katholischen Kirche in Ägypten einer Befriedung zwischen Muslimen und Christen den Weg bereiten will: Schon der heilige Franziskus hatte 1219 am Nil versucht, den Sultan Al-Kamil für eine christliche Erfüllung des Islams zu gewinnen oder zumindest die bevorstehende Schlacht von Mansura zwischen Kreuzfahrern und dem Neffen von Saladin zu verhindern.

Hatte der Heilige seine abenteuerliche Fahrt auf eigene Initiative gewagt, so folgt jetzt der Papst einer Einladung des Azhar, der höchsten Autorität für die gesamte islamisch-sunnitische Welt. Engere Beziehungen zur Religionsbehörde und Universität pflegt der Vatikan schon seit Jahrzehnten. Österreichische Initiativen spielten dabei oft eine wichtige Rolle.

Den Weg zum tausendjährigen Azhar bahnte kein Geringerer als Kardinal Franz König. Am 31. März 1965 hielt er den für den christlich-islamischen Dialog wegweisenden Vortrag "Monotheismus in der Welt von heute". Die weiteren Kontakte zwischen dem eben geschaffenen "Päpstlichen Rat für die Nicht-Christen" und dem Islam hatten allerdings nicht Al-Azhar, sondern den ägyptischen "Obersten Rat für Islamische Angelegenheiten" als Partner. Diese von Abdel Nasser geschaffene Institution diente auch den Kairoer Staatsinteressen. Das Glaubensgespräch kam trotzdem unter der Leitung von Kardinal Paolo Marella gut voran. Es geriet erst ins Stocken, als sich auch Libyens Muamar al-Gaddafi daran beteiligte. 1973 stellte er dem Kardinal mit dessen erschlichener Unterschrift unter eine letztlich israelfeindliche Erklärung eine Falle. Marella -ein Mann Johannes XXIII. - fiel bei Paul VI. in Ungnade. Der gesamte vatikanisch-islamische Dialog ruhte für längere Zeit.

Dialog zwischen Christen und Muslimen

Vor Ort wurde er jedoch in Ägypten weitergeführt. Nuntius Bruno Bernhard Heim holte Kardinal König 1975 zum zweiten Mal nach Kairo, der Theologe und Orientalist Ernst Bannerth (1895-1976), ein Wahlburgenländer, lebte in Kairo als "christlicher Derwisch", predigte in Moscheen und hinterließ als Erbe und Auftrag das von ihm inspirierte Bändchen "Islamische Sufi-Meditation für Christen". Der damalige Leiter des Österreichischen Kulturinstituts in Kairo, der auch in London und dann in Wien als Vorstandsmitglied von Pro Oriente um die Ökumene verdiente Bernhard Stillfried (1929-2011), unterstützte nach Kräften alle katholischislamischen Begegnungen. In seinem Geist erfolgte 1977 das Symposium "Die Rezeption der islamischen Mystik in der österreichischen Literatur von Franz Werfel bis Barbara Frischmuth". Veranstalter waren das Kulturinstitut und -Al-Azhar.

An diesem ging inzwischen die Re-Islamisierung Ägyptens durch Präsident Anwar as-Sadat nicht spurlos vorüber. Wie zuvor der islamische Modernismus eines Muhammad Abduh und dann Nassers Arabischer Sozialismus ihre Prägungen hinterlassen hatten, die im weltoffenen und christenfreundlichen Großscheich Mahmud Schaltut (1958-63) einen Höhepunkt erreichten. Dann erwies sich der Azhar allzu oft als Erfüllungsgehilfe für die Diskriminierung der koptischen Christen Ägyptens unter Sadat und seinem Nachfolger Mubarak, der auch die Terrorakte des politislamischen Untergrunds nicht oder nur halbherzig verurteilte. Ein Vorwurf, den die Kopten auch nach den blutigen Anschlägen vom letzten Palmsonntag auf Kirchen in der Delta-Stadt Tanta und in Alexandria gegen den derzeitigen Großscheich Ahmed Muhammad at-Tayyeb erhoben haben. Während viele einfache Muslime sogar Blut für die verwundeten Christen gespendet haben, bezeichnete der Azhar die Terroristen nur als "Fehlgeleitete", statt klar zu betonen, dass solche Gewalttäter vom rechtgläubigen Islam verurteilt, ja völlig ausgeschlossen sind.

Eben dieser Tayyeb hat jetzt den Papst zu einer "Islamischen Friedenskonferenz" nach Kairo eingeladen. Das offizielle Reiseprogramm des Heiligen Stuhls sprach hauptsächlich von dieser, erwähnte die Solidarität mit den verfolgten Kopten nur als "Höflichkeitsbesuch" bei ihrem Patriarchen Tawadros II. Es bestand der Anschein, der Pontifex würde in eine Falle wie Marella tappen.

Doch hatten die islamischen "Friedenskämpfer" von Kairo ihre Rechnung ohne Papst Franziskus gemacht. Er füllte den offiziellen Rahmen mit eindeutigen Akten des Beistands für die bedrängten Kopten: Zusammen mit ihrem Patriarchen, aber auch Bartholomaios I. von Konstantinopel, wird er an der "Mauer der Märtyrer" an der Kairoer Peter-Paul-Kirche beten, wo am 11. Dezember Dutzende koptische Gläubige einem Islamisten-Attentat zum Opfer gefallen waren. Koptische Jugendliche kommen auf einer Sternwallfahrt aus dem ganzen Land zum Heiligen Vater, der mit ihnen "außer Programm" auf dem exterritoralen Boden der Nuntiatur zusammentrifft. Franziskus' Botschaft ist unmissvertändlich: Wir stehen voll an der Seite von Ägyptens Christen!

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